Distributionsform: DVD, Online-Sichtung Regie und Drehbuch: Albert Lamorisse Darsteller/innen: Pascal Lamorisse, Georges Sellier, Vladimir Popov, Paul Perey, Renée Marion, Sabine Lamorisse u.a. Kamera: Edmond Séchan Laufzeit: 34 min, OmU Format: Farbe, 35mm Barrierefreie Fassung: nein Filmpreise: Auswahl: Internationale Filmfestspiele von Cannes 1957: Goldene Palme für den besten Kurzfilm; Oscar®-Verleihung 1957: Bestes Originaldrehbuch u.a. FSK: ab 6 J. Altersempfehlung: ab 9 J. Klassenstufen:ab 4. Klasse Themen:Filmgeschichte, Freundschaft, Kindheit/Kinder, Fantasie Unterrichtsfächer:Deutsch, Französisch, Kunst, Lebenskunde, Ethik, Religion
Auf dem Weg zur Schule entdeckt Pascal, ein 5-jähriger Junge aus Paris, einen großen roten Luftballon, der hoch oben an einer Laterne festhängt. Ohne zu zögern, klettert der Kleine den hohen Mast hinauf und löst die Schnur. Fortan sind die beiden unzertrennlich. Der Ballon begleitet den Jungen zur Schule, bei seinen Streifzügen durch die Stadt, auf einen Flohmarkt und wartet geduldig draußen, wenn Pascal etwa einen Laden betritt. Bald folgt der Luftballon dem Kind von sich aus und wird zu einem eigenständigen Spielkameraden und Verbündeten – was im Alltag für einigen Ärger sorgt, denn besonders Erwachsene dulden nicht, dass Pascal den Ballon immer bei sich hat. Vor allem aber weckt das ungewöhnliche Gespann den Neid der anderen Jungen im Viertel, die nichts unversucht lassen, um Pascal den Luftballon wegzunehmen.
Am Zauber, den Albert Lamorisses berühmter Kinderfilm Der rote Ballon noch heute versprüht, hat Maurice Leroux' typisch französische Filmmusik einen großen Anteil. Vor allem wird er aber auch durch das von Kameramann Edmond Séchan wunderbar visualisierte poetische Aufeinandertreffen von Alltagswelt und märchenhafter Handlung erzeugt. Im Mittelpunkt steht hierbei der leuchtend rote Ballon, der einen starken optischen Kontrast zum grauen Schauplatz, dem alten Pariser Arbeiterquartier Ménilmontant, bildet. Das Viertel mit seinen tristen Fassaden, engen Gassen und Trümmergrundstücken erinnert an die Originalschauplätze des italienischen Neorealismus. Auch die Bildsprache ähnelt den semidokumentarischen Nachkriegsfilmen eines Roberto Rossellini: Nur selten nutzt Lamorisse Nahaufnahmen. Stattdessen begleitet die Kamera das Geschehen in langen Halbtotalen, Totalen und Fahrten, die das Handlungsumfeld miteinbeziehen. Diese Form der Inszenierung fordert ein aktives Betrachten, um die Entwicklung in der "Beziehung" zwischen Kind und Ballon nachvollziehen zu können, zumal das Schauspiel der Hauptfigur zurückhaltend ist und nur wenige Dialoge im Film pointiert zum Einsatz kommen.
Der rote Ballon eignet sich im schulischen Kontext bereits für den Einsatz in jüngeren Jahrgangsstufen. So könnten die Schüler/-innen in den Fächern Deutsch, Französisch, Ethik und Lebenskunde der Frage nachgehen, inwieweit der Film die Geschichte einer Freundschaft erzählt und untersuchen, auf welche Weise der Ballon vermenschlicht wird: Zwei zentrale Szenen hierfür sind der Flohmarkt-Besuch und der "Tod" des Ballons. Besonders interessant – auch im Kunstunterricht – ist eine Auseinandersetzung mit der Symbolik des Ballons: Steht er für Freiheit, Emotionalität, die Kraft der Fantasie, das Wunderbare – oder lässt er sich auch anders deuten? Das Farbkonzept des Films lässt sich aufgreifen, indem die Kinder im Unterricht ihre jeweilige Lieblingsszene aus dem Film malen oder zeichnen. Weiterführend bietet es sich an, das "Happy End" zu interpretieren. In diesem Zusammenhang kann das Lebensumfeld des Jungen, sein Alltag, das Verhalten der Erwachsenen und das der anderen Kinder analysiert und problematisiert werden. Daran anknüpfend lässt sich besprechen, ob man Pascals Lebensverhältnisse verallgemeinern oder auf heute übertragen kann.
Arbeitsblatt: Heranführung an den Film Der rote Ballon
Ein kleiner Junge entdeckt einen roten Ballon an einer Laterne. Zwischen beiden entwickelt sich eine märchenhafte freundschaftliche Bindung. Der Ballon folgt dem Jungen überall hin, zum Ärger vieler Erwachsener und Neid anderer Kinder.
Vor der Filmsichtung:
a) Seht euch den Trailer zum Film Der rote Ballon an.
b) Beschreibt, was ihr im Trailer gesehen habt. Nutzt dazu so viele Wörter wie möglich aus dem Wortspeicher.
Wortspeicher:
Ballon / rot / Stadt / rau / Häuser / alt / Mädchen /blau / Kinder / Luftballons / fliegen / folgen / begleiten / Gehweg / Straße / Fassaden / Freude / Tag
Während der Filmsichtung:
c) Achtet auf die Besonderheiten der Filmgestaltung (Farbgestaltung, Kameraeinstellungen, Filmmusik, Dialoge, Länge des Films). Haltet eure Ergebnisse stichpunkartig unmittelbar nach dem Filmbesuch fest.
Nach der Filmsichtung:
d) Tauscht euch darüber aus, was euch besonders berührt oder überrascht hat. Welchen Einfluss darauf hat die Filmgestaltung? Nutzt dazu eure Notizen aus Aufgabe c).
e) Der rote Ballon folgt der Hauptfigur überall hin. Die Erwachsenen reagieren genervt und manche Kinder neidisch. Aber der Ballon darf nicht überall hin und muss (manchmal) warten.
Stellt euch vor, der Junge würde nicht im Jahr 1956 in Paris, sondern in der heutigen Zeit und an eurem Wohnort leben. Auf welche Probleme könnte er stoßen?
f) Am Ende fliegt der Junge mit unzähligen Ballons über seine Heimatstadt. Was könnte er erblicken und was danach erleben? Stellt euch vor, ihr fliegt an seiner Stelle. Gestaltet eine passende Postkarte. Auf der einen Seite schreibt ihr, was ihr erlebt habt, auf der anderen Seite malt ihr ein dazu passendes Bild.
Ideenspeicher:
Stadtplan / Stadtansicht von oben / Vogelperspektive / Horizont / ich folge den Ballons / dem Alltag entfliehen / fliegen / Freunde finden
Über den Dächern sehe ich …
Von hier oben sieht … ganz klein aus.
Von hier oben kann ich bis … schauen.
Die Ballons tragen mich bis/bis zum …
g) Spannt ein Seil im Klassenzimmer. Jede/-r Schüler/-in erhält einen Ballon. Befestigt eine Schnur an eurem Ballon, den Ballon am Seil und am Ende der Schnur eure Postkarte.
h) Veranstaltet einen Gallery Walk und seht euch die Ergebnisse eurer Mitschüler/-innen an.
Autor/in: Jörn Hetebrügge (Filmbesprechung), Hanna Falkenstein (Arbeitsblatt), 06.07.2019