Der britische Talkmaster David Frost schrieb 1977 mit einer spektakulären Interviewreihe Fernsehgeschichte: Richard Nixon, der bislang beharrlich über die Watergate-Affäre und die Hintergründe zu seinem erzwungenen Rücktritt am 9. August 1974 als US-Präsident geschwiegen hatte, gestand seine Schuld am Missbrauch von Regierungsvollmachten – vor 45 Millionen Zuschauer/innen. Erst in letzter Minute war es dem Journalisten geglückt, seinen gewieften Gegner mit gezielten Fragen in die Enge zu treiben, nachdem dieser es zuvor verstanden hatte, das Gespräch zu dominieren und brenzligen Fragen auszuweichen. Peter Morgan hat sich von diesem Medienereignis zu einem Theaterstück inspirieren lassen, das an den Fakten orientiert ist, aber auch fiktive Passagen enthält, die einer erhöhten Spannungsdramaturgie zugute kommen. Das Stück bildet die Vorlage zu Howards filmischem Kammerspiel, das auch die Vorgeschichte schildert: Frosts erfolglose Bemühungen, einen Fernsehsender für sein Projekt zu gewinnen; seine Verhandlungen mit Richard Nixon, der eine hohe Gage verlangt, Frost als Leichtgewicht unterschätzt und hofft, die Herzen der Amerikaner für sich zurück zu gewinnen; schließlich Frosts schwerwiegende Entscheidung, alles aus eigener Tasche zu finanzieren.
Howard inszeniert die Geschichte unaufwendig und packend mit geschliffenen Dialogen an wenigen Originalschauplätzen als Kammerspiel. Im Fokus steht der psychologisch tiefgründige Schlagabtausch zwischen den beiden Männern, den er, ohne die Urteilsbildung des Publikums zu polarisieren, mit einer auf
Schuss-Gegenschuss ausgerichteten klassischen Kameraführung bildlich umsetzt. Die Dramatisierung des Geschehens erfolgt weniger durch ein filmisches Stilmittel wie
Musik, sondern durch die spannenden Rededuelle. Getragen wird das menschlich anrührende Drama von glänzenden Hauptdarstellern, die sich als durchaus gleichstarke Gegenspieler gegenübertreten und vor allem dann Größe zeigen, wenn sie Niederlagen einräumen.
Einen Einstieg in eine Diskussion mit Schülern/innen bieten Fragen zu Chancen, Anspruch, Aufgaben und Manipulationsmöglichkeiten der Medien. Zudem bedarf es einer Vertiefung der politischen Hintergründe durch faktenbezogene Materialien, deren Kenntnis der Film voraussetzt. Vergleichend können zwei weitere Kinofilme herangezogen werden, die sich mit Richard Nixon und insbesondere mit der Watergate-Affäre beschäftigen:
Die Unbestechlichen (USA 1976) von Alan J. Pakula sowie
Nixon (USA 1995) von Oliver Stone.
Autor/in: Kirsten Liese, 03.02.2009
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