Peepli ist ein vergessenes Dorf irgendwo in Indien. Vom Wirtschaftsboom und der Modernisierung ist dort noch nichts angekommen. Der verschuldete Bauer Natha ist verzweifelt, weil sein winziges Stück Land zwangsversteigert werden soll. In seiner Ausweglosigkeit hört er davon, dass der Staat eine hohe Prämie an Hinterbliebene zahlt, wenn sich ein Bauer umbringt. Als ihn sein Bruder zur Tat drängt, erfährt dies ein Lokalreporter und Nathas Entschluss avanciert bald zur Top-Nachricht. Angeführt von der Star-Moderatorin Nandita Mallik fällt eine Flotte von TV-Journalisten/innen in Nathas Dorf ein. Zugleich wird sein Schicksal im Zuge der bevorstehenden Lokalwahlen zum Spielball von Machtinteressen korrupter Regierungspolitiker.
Regisseurin Anusha Rizvi, eine ehemalige Fernsehmoderatorin, stellt in ihrem Spielfilm den Wettlauf der Medien als absurde Reality-Show mit viel Witz und Empathie für die einfache ländliche Bevölkerung dar. Im Zentrum steht die Journalistin Nanita, die für ihre Story über Leichen geht und von der Landbevölkerung entfremdet ist. Deren Not und Armut wird von den Medien nur als Spektakel ausgebeutet. Die Kamera beobachtet subtil, wie der respektlose Umgang und die Sensationsgier auf die betroffenen Menschen wirken. Es entsteht ein glaubhaftes Dorfporträt, zu dem die Leistungen der Darsteller/innen beitragen. Vor allem der Theaterschauspieler Omkar Das Manikpuri beeindruckt in der Rolle des trotteligen Nathas, der gefangen ist in dem Konflikt zwischen seiner ewig hungrigen Familie und der Gleichgültigkeit der Politiker/innen.
Aufhänger für
Live aus Peepli - Irgendwo in Indien ist die hohe Selbstmordquote unter indischen Landwirten, die in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen sorgte. Insofern lädt der Film dazu ein, dazu Hintergründe zu recherchieren und im Unterricht über die Folgen, Herausforderungen und Widersprüche zu diskutieren, die die rasante Transformation des Schwellenlandes Indiens für Gesellschaft und Demokratie mit sich bringt. Den Gewinnern/innen des Aufschwungs steht eine große Mehrheit gegenüber, die - aufgrund von Ernteausfällen, dem Einsatz von genverändertem Saatgut sowie durch Verschuldung, Globalisierung und Klimawandel - zusehends verelendet. Zudem kann im Unterricht thematisiert werden, wie eine sinnvolle Entwicklungszusammenarbeit aussehen kann und welche Selbsthilfe-Projekte es gibt.
Autor/in: Susanne Gupta, 09.11.2010
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