Kinostart: 07.09.2017 Verleih:Camino Filmverleih Regie: Arman T. Riahi Drehbuch: Arman T. Riahi, Aleksandar Petrović, Faris Rahoma Darsteller/innen: Faris Rahoma, Aleksandar Petrović, Doris Schretzmayer, Daniela Zacherl, Zijah A. Sokolović u. a. Kamera: Mario Minichmayr Laufzeit: 95 min, dt. Fassung (Dialekt) Format: Digital, Farbe, Cinemascope Barrierefreie Fassung: nein Filmpreise: Filmfestival Max Ophüls Preis 2017: Publikumspreis; Nasville Film Festival 2017: Publikumspreis; Diagonale 2017: Preis für das beste Kostümbild (Monika Buttinger); FSK: ab 12 J. Altersempfehlung: ab 14 J. Klassenstufen:ab 9. Klasse Themen:Integration, Minderheiten, Vorurteile, Migration, Identität, Individuum (und Gesellschaft), Außenseiter, Freundschaft, Medien, Arbeit, Kriminalität, Zivilcourage Unterrichtsfächer:Politik, Sozialkunde, Deutsch, Medienkunde, Ethik, Kunst
Benny und Marko sind Wiener, deren Eltern vor Jahrzehnten nach Österreich gekommen sind. Sie haben einen österreichischen Pass, sprechen Wiener Schmäh und arbeiten in der Kreativ-Branche der Hauptstadt. Doch als sie im (fiktiven) Migrantenviertel Rudolfsgrund vor die Kamera eines Fernsehteams geraten und auf ihren Migrationshintergrund angesprochen werden, nehmen sie die Rolle an – zunächst aus Spaß, später auch aus finanziellen Gründen. Die TV-Leute wollen in einer Doku-Serie altbekannte Vorurteile bestätigen: zerrüttete Familien, Schulabbrüche, Kleinkriminalität. Um nicht gleich aufzufliegen, müssen Benny und Marko also lernen, wie man sich als "Tschusch" (österreichisches Schimpfwort für Südosteuropäer/-innen) überhaupt zu verhalten hat. Dabei stellen sie fest, dass sie durchaus eigene Vorurteile hegen und dass die TV-Klischees reale Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben.
Das Spielfilmdebüt des im Iran geborenen und in Wien aufgewachsenen TV- und Dokumentarfilm-Regisseurs Arman T. Riahi überzeugt besonders in der ersten Hälfte als Satire über Identitätszuschreibungen in der Migrationsgesellschaft: Während der Rundfunk einseitig von gescheiterter Integration im "Problembezirk" berichtet, können die perfekt integrierten Protagonisten ihr Migranten-Image nicht abstreifen – und markieren doch selbst bereits eine Kluft zwischen sich und den "Ausländern". Die Handlung wechselt zwischen den Dreharbeiten der TV-Dokumentation und den Bemühungen der beiden Bildungsaufsteiger, sich das Gebaren kleinkrimineller Vorstadtgangster anzueignen. Ein gezielt übertriebenes Masken- und Kostümbild entlarvt bekannte Film- und Medien-Bilder solcher sozialen Stereotype, oft unterstützt durch den parodistischen Einsatz von Zeitlupen und einem Rap-Soundtrack auf der Tonspur.
Die Migrantigen kann in Fächern wie Politik und Sozialkunde als Anregung für eine Debatte über den Themenkomplex Integration dienen: Wann gelten Menschen eigentlich als "integriert" in einem Land – und wann nicht? Ist der Begriff in der multi-ethnischen Gesellschaft noch angemessen? Anschließend sollte über die mediale Berichterstattung zum Thema diskutiert werden, die im Film – satirisch zugespitzt – undifferenziert und sensationalistisch erscheint. Die Folgen einer einseitigen medialen Repräsentation von Minderheiten können im Plenum oder in kleineren Lerngruppen erarbeitet werden. Ein Ausgangspunkt dafür könnte der Filmausschnitt sein, der Benny beim Casting für eine Filmrolle zeigt (siehe oben). Dem Klischee des "Problemviertels" setzt der Film allerdings ein ebenfalls diskussionswürdiges Bild der ungetrübten Harmonie zwischen den Minderheiten entgegen. Die satirische Inszenierung in Die Migrantigen kann von den Schülerinnen und Schülern nicht zuletzt auch filmpraktisch aufgegriffen werden, indem sie selbst satirische Kurzfilme oder Videoclips über soziale Stereotype anfertigen.