Wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird, werden in Deutschland bald die anspruchsvollen Kinderfilme verschwunden sein, die nicht auf Literaturklassikern, Bestsellern oder bekannten Marken beruhen. Und dann können Kinder hierzulande kaum noch internationale Arthouse-Filme sehen, weil diese nicht mehr den Sprung in die deutschen Kinos und TV-Programme schaffen.
Mit diesem doppelten Defizit der hiesigen Kinderkinokultur setzte sich der Bundesverband Jugend und Film (BJF) auf seiner diesjährigen Jahrestagung auseinander, die unter dem Titel
Kinderfilme, die uns fehlen – mit Mut, Witz und voller Leben vom 20. bis 22. Mai im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden stattfand.
Wie ernst die Lage ist, macht ein Blick in die Statistik deutlich: 2010 hat es kein einziger Kinderfilm ohne bekannte Vorlage mehr unter die 100 erfolgreichsten deutschen Kinofilme geschafft hat. 2009 waren es immerhin noch zwei. Ein Allheilmittel gegen die Misere hatte keiner der Teilnehmenden zu bieten, aber es herrschte Einigkeit darüber, dass Filmproduzenten/innen, TV-Redakteure/innen, Filmverleiher, DVD-Distributoren/innen und Medienpägagogen/innen verstärkt an einem Strang ziehen müssen, wenn sie den Trend umkehren wollen.
In den Vordergrund rückte der Ruf nach Netzwerken und strategischen Allianzen, um zum Beispiel die Fernsehsender dazu zu bewegen, stärker in gegenwartsbezogene deutsche Originalstoffe zu investieren und mehr Sendeplätze für ambitionierte Kinderfilme aus aller Welt bereitzustellen. Ohne den Beitrag des Fernsehens lassen sich, so die einhellige Meinung in Wiesbaden, deutsche Synchronfassungen ambitionierter Kinderfilme kaum noch finanzieren. Dabei zeigte ein "Blick in die Werkstatt", dass es hierzulande keineswegs an vielversprechenden Stoffen, jedoch an Finanzierungsmöglichkeiten mangele.
Von der Bandbreite der künstlerisch wertvollen Kinderfilmproduktion aus Europa konnten sich filminteressierte Jugendliche, Fachkräfte der Jugend- und Kulturarbeit und Lehrer/innen bei der Präsentation von zehn Kinderfilmen überzeugen, die bisher nur auf Festivals zu sehen waren. Einer der gezeigten Filme kommt immerhin doch noch in die deutschen Kinos:
Mein Freund Knerten (Åsleik Engmark, Norwegen 2009) startet am 30. Juni. (rk)
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