Shell Jugendstudie 2000 (1)
Wie denkt und fühlt die Jugend in Deutschland zu Beginn des neuen Jahrtausends? Jugendliche möglichst differenziert in ihren sozialen und lebensgeschichtlichen Bezügen zu betrachten, war Leitprinzip der 13. Shell Jugendstudie, die seit 1953 erscheint. Zum ersten Mal wurden ausländische Jugendliche (zwischen 15 und 24) in die Untersuchung einbezogen – ohne statistische Relationen zu früheren Studien zu gefährden.
Im Vergleich zur 12. Studie von 1996 sehen viele Jugendliche die persönliche wie gesellschaftliche Zukunft wieder positiver. Jeder zweite beurteilt die persönliche Zukunft "eher zuversichtlich", bei der gesellschaftlichen Zukunft gilt das sogar bei fast zwei Dritteln. Vorausgesetzt, sie sind von der eigenen Leistungsfähigkeit überzeugt und bekommen genügend emotionalen Rückhalt durch die Eltern (die wichtigste Bedingung überhaupt!), versuchen Jugendliche in Deutschland mehrheitlich, sich den Herausforderungen der modernen Gesellschaft zu stellen und ihre Lebensplanung aktiv vorzubereiten.
Ihr Wertesystem befindet sich keineswegs in der Krise oder gar in Auflösung, wie in der Öffentlichkeit manchmal pauschal unterstellt wird. Je nach persönlicher Bildung, eigener Lebenssituation und dem aktuellen Bedingungsgefüge in der Gesellschaft reagieren die Jugendlichen allerdings flexibel, suchen sich ihren eigenen Wertekosmos und leben nicht mehr ein "entweder – oder", sondern ein "sowohl als auch".
Der Vertrauensverlust in die Politik, der sich bereits 1996 als Trend abzeichnete, hat sich bei den Jugendlichen noch verstärkt, jedoch keineswegs als Protesthaltung oder gar Demokratieverdrossenheit. Ihr politisches Interesse ist vor allem deshalb weiter gesunken, weil sie die "ritualisierte Betriebsamkeit der Politiker als wenig relevant und ohne Bezug zum wirklichen Leben" empfinden und den betreffenden Organisationen für ihr eigenes Leben keine Bedeutung zumessen bzw. von ihnen keine Unterstützung für die Zukunft erwarten. Während das Vertrauen in staatlich-öffentliche Bereiche auf niedrigem Niveau wieder leicht anstieg, sank es vor allem bei den 1996 noch relativ positiv beurteilten nichtstaatlichen Organisationen – mit erdrutschartigen Ausmaßen in den neuen Bundesländern. Dort werden in allen untersuchten Bereichen die Unterschiede zu den westdeutschen Jugendlichen auch immer größer.
Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000.
13. Shell Jugendstudie (2 Bände),
Verlag Leske + Budrich, Opladen 2000
Internet: www.shell-jugend2000.de
Autor/in: Holger Twele, 08.12.2006