Das Interview führte Margret Köhler.
Eine ungewöhnliche Idee, dass ein junges Mädchen durch den Boxsport zu sich findet ...
Ich habe selbst geboxt und finde die Szene interessant. Da gibt es die ausgeflipptesten Typen. Frauen trauen sich leider viel zu selten an diesen Sport heran, weil sie denken, das "gehört" sich nicht, sie würden als Mannweiber angesehen und keinen Mann mehr kriegen. Ich verstehe nicht, warum Mädchen in Ballettkurse geschickt und in nette Röckchen gesteckt werden. Jede Frau hat in irgendeiner Situation mal Lust zuzuschlagen, da bin ganz sicher. Wir sind nicht nur die zarten Wesen, die eine starke Schulter suchen.
Was gefiel Ihnen am Boxen?
Boxsport ist ein Refugium für Außenseiter. Nirgendwo sonst trifft man auf diese Obsession und Hingabe an eine Sache. Gewalt ist Teil der amerikanischen Gesellschaft und Kultur. Boxen kanalisiert diese Gewalt, da sie sich im Ring unter Kontrolle und geordnet vollzieht. Die Zuschauer können der alltäglichen Gewalt entfliehen und ihren Zorn durch andere abreagieren – und sie haben dabei noch ein gutes Gewissen.
Muss man besonders aggressiv sein, um Spaß am Boxen zu finden?
Wut und Aggression, die sich auch schon mal gegen andere richten, gehören zum Menschen. Man kann jedoch diesen Ur-Trieb, der den Homo Sapiens zu immer weiteren Entdeckungen führte, in kreative Energie umwandeln. Das versuche ich wenigstens. Ich bin viel aggressiver als ich wirke.
Was ist der Hauptpunkt Ihres Films?
Mir geht es nicht nur um Boxen oder physische Kraftausübung, sondern um den Weg zu mentaler Stärke und Selbstvertrauen. Mich interessiert die psychologische Weiterentwicklung einer jungen, verletzbaren Frau, ihre Suche nach Identität und auch die tragische Dimension des Box-Geschäftes. Bei mir jubeln keine Gewinner in die Kamera, sitzen keine VIPs um den Ring. Nobodys werden in irgendwelchen Löchern verheizt und brutal ausgezählt, setzen für lumpige 50 Dollar alles auf eine Karte und geben trotz aller k.o.-Schläge ihren Traum vom Aufstieg nicht auf. Da geht es für einen kurzen Moment ums Ganze – wie im Leben.