Berlin 1927: Zeit der Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit. Arbeitslos ist auch der jüdische Schauspieler Harry Frommermann. Auf der Suche nach einem Ausweg hat er die Idee nach dem Vorbild der amerikanischen A-Capella-Vokalisten "The Revellers" ein eigenes Gesangs-Ensemble auf die Beine zu stellen. Der Autodidakt in Sachen Musik sucht per Anzeige nach geeigneten Sängern und braucht nicht lange zu warten, denn auch viele andere greifen nach jedem Strohhalm. Selbstbewusst drängelt sich ein Unbekannter am Bewerberstrom vorbei: Der blonde Deutsche Robert Biberti erweist sich nicht nur als genialer Bass, sondern bald auch als Manager des Ensembles. Und er weiß auf Anhieb weitere erfolgversprechende Kandidaten für die Gruppe: Roman Cycowski, ein ehemaliger Opernsänger aus Polen, Erich Abraham Collin, ein musikalischer Lebemann, Ari Leschnikoff, der mit seiner schmelzenden Tenorstimme in einem Restaurant die Frauen verzückt, schließlich noch der junge, gelangweilt wirkende Barpianist Erwin Bootz. Beharrlich studieren sie monatelang Stücke ein. Als oberster Grundsatz gilt: Der Einzelne hat nur in der Gruppe Geltung, denn nur als Gruppe haben sie eine Chance. Der erste Auftritt vor einem Agenten wird zum Reinfall. Als sie bereits aufgeben wollen, finden sie durch Zufall den richtigen Sound und stellen sich dem mächtigen Berliner Veranstalter Erich Charell vor. Dieser engagiert sie auf der Stelle und gibt der Gruppe ihren Namen: Comedian Harmonists.
Nach einer triumphalen Deutschlandtournee reisen sie quer durch Europa und finden überall ein enthusiastisches Publikum. Der beispiellose Erfolg, der das Publikum gerade in Zeiten des Elends in den Bann zu schlagen vermag, wird nun schrittweise kontrastiert mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, der beginnenden Judenverfolgung durch die Nazis. Schon vorher erfährt der Zuschauer, dass drei Mitglieder der Gruppe Juden sind. Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 und ersten öffentlichen Übergriffen auf jüdische Bürger werden sie immer häufiger bedroht. Schließlich müssen Robert und Harry vor der Reichsmusikkammer erscheinen. Wie damals viele Menschen nehmen auch die beiden die antisemitischen Übergriffe nicht ernst genug und beruhigen sich und die anderen mit gespielter Sorglosigkeit. Als die schützende Hand eines begeisterten Fans und gleichzeitig überzeugten Antisemiten, des fränkischen Gauleiters Julius Streicher, sich abwendet, ist das Ende der Gruppe vorgezeichnet. Sie erhält Berufsverbot, die drei jüdischen Mitglieder können Deutschland im letzten Augenblick verlassen.
Joseph Vilsmaier zeichnet die Charaktere der Comedian Harmonists außerordentlich präzise nach. In dichten Bildfolgen vermittelt er die Atmosphäre jener Zeit und bezieht Stellung zur damaligen politischen Situation. Differenzierend hebt er das private Umfeld der Künstler besonders hervor. Harry ist der Sohn eines verstorbenen jüdischen Kantors und liebt heimlich die Studentin Erna. Robert macht ihr ebenfalls den Hof. Unterdessen hat der polnische Sänger Roman die Tänzerin Mary – Inbegriff einer deutschen Frau, mit blonden Haaren und blauen Augen – geheiratet, die aus Liebe zu ihrem Mann den jüdischen Glauben annimmt. Sie entscheidet sich bewusst für diesen Schritt trotz der zunehmenden politischen Bedrohung. Am Ende des Films wird Erna mit Harry Deutschland den Rücken kehren, während Robert zu sehr verwurzelt ist, um die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Flucht der jüdischen Mitglieder der Comedian Harmonists ist das Ende einer Gruppe, die nicht bereit war, sich von den Nationalsozialisten um den Preis der Menschlichkeit vereinnahmen zu lassen.
Vilsmaier ist mit
Comedian Harmonists ein weitgehend unterhaltsamer Film gelungen, der nicht vor scheinbarer Problembewältigung und angeblicher 'Vergangenheitsbewältigung' trieft und doch die Tragödie einzelner Künstler vor dem Hintergrund der Tragödie eines ganzen Volkes ungeschönt und deutlich zum Ausdruck bringt – ein zumindest elementares Wissen über das Dritte Reich vorausgesetzt. Statt voreiliger Abwehr provoziert er damit beim Zuschauer (wieder) Fragen. Etwa, wie es denn möglich war, dass Mitläufer wie eingefleischte Nazis gleichermaßen von der Gruppe begeistert sein konnten und nicht einmal dann eingeschritten sind, als die Idole, denen sie aus ganzem Herzen zujubelten, Auftrittsverbot erhielten. Das war 1934, lange vor der Reichskristallnacht.
Autor/in: Sonja Toepfer, 01.12.1997