Inhalt
Über Jahrzehnte spürte Wolfgang Beltracchi in den Werkverzeichnissen bekannter Maler Lücken auf und füllte sie raffiniert mit "nachempfundenen" Werken, um die so entstandenen Fälschungen gemeinsam mit seiner Frau und anderen als "Originale" aus fingierten Sammlungen in den millionenschweren Kunstmarkt einzuschleusen. 2008 flog Beltracchi wegen einer Nachlässigkeit bei der Fälschung eines Campendonk-Bildes auf; das Paar wurde wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verhaftet und 2011 zu sechs bzw. vier Jahren Haft im offenen Vollzug verurteilt. Der Film porträtiert den schillernden Maler-Protagonisten, zeigt ihn bei seinem Handwerk und erzählt von der Lebensgeschichte des Ehepaars Beltracchi. Daneben kommen ein Ermittler sowie mit Auktionatoren, Galeristen, Sammlern und Kunsthistorikern Akteure des Kunstmarkts sowie Geschädigte zu Wort – nicht aber wichtige Mittelsmänner und Komplizen, die bei der "Vermittlung" der Fälschungen eine Schlüsselrolle spielten.
Umsetzung
Der Porträt-Film lässt in erster Linie den Protagonisten selbst zu Wort kommen und gibt ihm ohne hartnäckig insistierendes Nachfragen viel Raum zur Selbstdarstellung. Dadurch, aber auch mit Hilfe inszenierter Reenactment-Passagen, die sowohl seine Täuschungsraffinesse als auch seine "Kunst der Fälschungen" augenzwinkernd, mitunter ausgesprochen komisch nachstellen, und mit musik-nostalgisch unterlegtem Archivmaterial selbst aufgenommener Familienbildern soll den Zuschauer/innen der Werdegang der Beltracchis nahegebracht werden. Immer wieder entsteht der Eindruck einer Art "Gaunerkomödie" über den fintenreich vorgeführten Kunstmarkt, mit den gegenläufig ins Spiel kommenden Stellungnahmen geschädigter Sammler und den Experten-Statements wird die mehr oder weniger Sympathie erzeugende Darstellung der Hauptfigur nur zum Teil konterkariert.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Insbesondere für die Auseinandersetzung im Kunstunterricht der Oberstufe bietet der Film mit Blick auf Fragen rund um den Prozess des Kunstschaffens und die Mechanismen des Kunstmarkts, speziell aber auch zu Themenstellungen wie künstlerisches Ethos, Original und Fälschung, Kreativität und Nachahmung einige Anknüpfungsmöglichkeiten. Da es auf die angestoßenen Fragen innerfilmisch nicht immer hinreichende und befriedigende Antworten gibt, bedarf es diesbezüglich in jedem Falle einer Vertiefung im Unterricht; vor allem ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem nicht vorhandenen Unrechtsbewusstsein des schillernden Protagonisten erforderlich, der in der Herangehensweise des Films doch etwas zu weichgezeichnet "rüberkommt". Diskussionswürdig erscheint bei einer Figur wie Beltracchi nicht zuletzt die Frage der Angemessenheit von Re-Inszenierungen als dokumentarische Methode.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Reinhard Middel, 03.03.2014, Vision Kino 2014.