Inhalt
Der Film dokumentiert einen Selbstversuch des Filmemachers Jan Peters. Weil seine Freundin versehentlich mit seinem Geldbeutel verreist ist, muss er sehen, wie er die nächsten Wochen durchs Leben kommt. Durch zufällige Begegnungen auf U-Bahnhöfen, in Zügen und am Flughafen entwickelt er die Idee zu einem Geschäftsmodell, bei dem er als eine Art Reisebegleiter Passagiere auf seinem Gruppenticket mitnimmt. Mit Hilfe neu gewonnener Freunde, wie einem Zeitungsverkäufer und einem Philosophen und Unternehmensberater, professionalisiert er sich immer mehr zum "Ein-Mann-Betrieb." Leider erweist sich sein Geschäft als wenig gewinnbringend. Der Gewinn, so scheint es, besteht am Ende aber in den menschlichen Begegnungen, in der Vielzahl der persönlichen Geschichten, die ihm anvertraut werden, und in einer veränderten Perspektive aufs Leben.
Umsetzung
Der öffentlich gemachte Selbstversuch des Filmemachers ist ein Experiment, bei dem er fremde Leben und Lebenssituationen ausprobiert. Die Kamera begleitet ihn auf seinem Weg. Das "Unterwegssein" und das Prinzip der Zufallsbegegnung dienen dabei als Ausgangspunkt für eine Art Sozialstudie. Interviewausschnitte wechseln sich mit Passagen ab, in denen er als Off-Stimme sein subjektives Erleben schildert. Eine eindrucksstarke, zum Teil symbolträchtige Bildsprache stellt eine eigene semantische Ebene dar, die gelungen mit dem Sinngehalt korrespondiert.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Während sich der Film an der Oberfläche mit dem Wandel der modernen Arbeitswelt beschäftigt, geht es im Kern um Menschenbilder, um die Frage, ob wir selbstbestimmte Wesen sind und was die Würde des Menschen ausmacht: Geht es um "Nützlichkeit" für die Gesellschaft? Ist es von Außen zu beurteilen, wer hat das Recht dazu? Es gehört zu den Stärken des Films, dass er einen vorurteilsfreien Blick wagt und die Aufmerksamkeit auf diejenigen richtet, die sonst als Randgestalten erscheinen. Berufen wie dem der Tagesmutter, des Gebäudereinigers, des Imkers oder des Fotokünstlers bringt er wertfreie Neugierde entgegen. Besonders für Jugendliche, für die die Berufswahl ansteht, kann der Eindruck von der Vielfalt möglicher Berufsbilder hilfreich sein. Ebenso von Nutzen kann für sie die Darstellung der Existenzgründung sein, die in detaillierten Schritten vorgeführt und erläutert wird. Vor allem aber erweist sich der Film als wertvoll für pädagogische Arbeit, indem er die Bedeutung von Kreativität und die Notwendigkeit von Zusammenarbeit und -halt herausstellt. Vielfach wird gezeigt, wie Menschen durch gegenseitige Beratung und Unterstützung voneinander lernen, sich weiterentwickeln, oder aber schlicht ihr Überleben sichern. Ein schönes Beispiel ist ein Zeitungsverkäufer, der zum "Sozialarbeiter" des Kiezes wird. Die Anknüpfung an die Erfahrungswelt der Jugendlichen, sowie die Herangehensweise des Dokumentarfilmers, sich der Thematik durch persönliche Präsenz und subjektive Beobachtungen zu nähern, sorgen für ein hohes Identifikationspotential.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Lisa Gadatsch, 07.10.2010, Vision Kino 2010.