Der jüdische Physikdozent Larry Gopnik steht für eine Beförderung an und erwartet die Bar Mizwa seines ältesten Sohnes, als sich das Schicksal gegen ihn zu verschwören scheint. In der Universität wird sein guter Ruf beschmutzt, sein bei ihm lebender Bruder verliert allmählich den Verstand und seine Ehefrau will ihn für einen anderen Mann aus der jüdischen Gemeinde verlassen. Zusehends verzweifelnd wendet sich Gopnik hilfesuchend an verschiedene Rabbiner, wird dort aber mit unsinnigen Gleichnissen abgespeist. Im Finale wendet sich überraschend alles Schlechte zum Guten, bis ein aufziehender Orkan den nächsten Schicksalsschlag ankündigt.
Joel und Ethan Coen kehren für ihre jüngste Komödie in die eigene Jugendzeit zurück und erzählen die Geschichte Hiobs als Witz, der auf Kosten ihres Protagonisten geht. Wie sein biblisches Vorbild sucht Gopnik einen Sinn in den ihm auferlegten Prüfungen – und findet nichts als leere Worte und groteske Riten. Dass auch im Zwischenmenschlichen wenig Unterstützung zu finden ist, lässt bereits das Setting mit seinen uniformen Einfamilienhäusern in einer verödet wirkenden Siedlung ahnen. Die Bar Mizwa zeigen die Coens aus der
subjektiven Perspektive von Gopniks bekifftem Sohn, eine Traumsequenz stilisieren sie zur Parodie auf die religiöse Erleuchtung. Gegen Ende legen sie ihr persönliches Glaubensbekenntnis ab, indem sie einen als besonders weise geltenden Rabbi einen Song der Rockgruppe Jefferson Airplane zitieren lassen. Für die Coens bietet die Populärkultur anscheinend eine verlässlichere Orientierung als die Religion.
A Serious Man ist der erste Coen-Film aus einer dezidiert jüdischen Perspektive und zugleich ihr am offensten atheistischer Film: Als Jude an einen gütigen Schöpfer zu glauben, erscheint aus ihrer Sicht als geradezu lächerliche Vorstellung. Die Mischung aus alltäglicher Komik und metaphysischer Tragik ist in jüdischen Komödien weit verbreitet. Hier lassen sich mit etwas älteren Schülern/innen in Filmgesprächen die Unterschiede beispielsweise zu Woody Allens
Der Stadtneurotiker (Annie Hall, USA 1977) oder der von Dani Levy in
Alles auf Zucker (Deutschland 2004) gefeierten Chuzpe, dem Schicksal ein Schnippchen schlagen zu wollen, herausarbeiten. Im Religions- bzw. Ethikunterricht lässt sich die grundsätzliche Frage thematisieren, wie die Existenz Gottes mit der leidvollen Menschheitsgeschichte in Einklang zu bringen ist. Daran anschließend können moderne theologische Konzepte diskutiert werden, die erklären, wie man "trotzdem" glauben kann. Und natürlich bleibt zu erörtern, inwiefern säkulare Ersatzreligionen bessere oder schlechtere Wegweiser für die menschliche Sinnsuche sind.
Autor/in: Michael Kohler, 19.01.2010
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