Ayla führt das selbstbestimmte Leben einer modernen Frau in Deutschland. Die junge Deutsch-Türkin lebt allein und denkt nicht daran, sich verheiraten zu lassen. Weil sie sich von ihrer Religion und dem Traditionsbewusstsein ihrer Elterngeneration losgesagt hat, ist es zum Bruch mit dem Vater gekommen. Sie lernt zwei andere Deutsch-Türken/innen kennen: Hatice, die mit ihrer kleinen Tochter vor ihrer Familie flüchtet, und den feinfühligen Fotografen Ayhan, in den sie sich verliebt. Durch Zufall erfährt Ayla, dass die beiden Geschwister sind. Ausgerechnet Ayhan soll seine Schwester um der Familienehre willen töten. Ayla will mit dieser menschenverachtenden Tradition nichts mehr zu tun haben, sie stellt sich gegen ihren neuen Freund.
Temporeich, mit emotionaler
Musik unterlegt, erzählt Su Turhan seine dramatische Emanzipationsgeschichte. Die Handlung offenbart dabei eine Vorliebe für selbstbewusste Frauenfiguren, die auf sympathische Weise zu Vorbildern werden, gleichermaßen stark in der körperlichen Selbstverteidigung wie m verbalen Schlagabtausch. Getragen wird der Film von seiner Hauptdarstellerin Pegah Ferydoni, die glaubwürdig den schwierigen Balanceakt zwischen moderner Selbstverwirklichung und traditionellen Werten meistert. Etwas konventionell geraten ist die Dramaturgie mit einem klassischen Spannungsaufbau und linearer Erzählweise. Positiv hervorzuheben sind präzise Dialoge und eine gepflegte Sprache.
Auf erschütternde Weise gibt Ayla Einblick in einen fundamentalistischen Teil muslimischer Kultur, der Frauen wenig Eigenständigkeit zugesteht und Bestrebungen, die traditionellen Wege nach eigenen Wünschen zu verlassen, gelegentlich sogar mit sogenannten Ehrenmorden begegnet. Ausgehend von dem exemplarisch aufgezeigten Schicksal Hatices kann das Thema im Unterricht vertieft werden, wobei es sich anbietet, auch Feo Aladags Die Fremde (Deutschland 2009) zum Vergleich heranzuziehen. Weiterhin können Schüler/innen über das sich wandelnde Frauenbild junger Türkinnen in einer multikulturellen Gesellschaft diskutieren. Empfehlenswert in diesem Kontext ist dabei auch ein inhaltlicher und ästhetischer Vergleich mit dem Film
Gegen die Wand (Fatih Akin, Deutschland 2003).
Autor/in: Kirsten Liese, 04.05.2010
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