Im Sommer 1999 bekommt Frankfurt/Oder ungewohnt viel Aufmerksamkeit in den Medien: Zwei kleine Jungen sind unbemerkt in der Wohnung ihrer Mutter verdurstet. Diese war zwei Wochen lang abwesend und bei ihrem Freund geblieben. Die Oma hatte diesmal nicht nach den Kleinen gesehen. Die Nachbarn hatten markerschütternde Schreie gehört, aber plötzlich war es still. Erst als Daniela Jesse nach 14 Tagen nach Hause zurückkehrt, findet sie die toten Kinder und bricht zusammen. Die Presse stürzt sich auf den Fall. Wochenlang wird auf der ersten Seite darüber berichtet, obwohl es wenig Neues gibt. Erst mit Daniela Jesses Verurteilung zu lebenslanger Haft beruhigen sich die Medien und auch die aufgewühlten Frankfurter. – Vier Jahre später ist Aelrun Goette mit ihrem Kameramann in der Gegend unterwegs, um die Hintergründe des Falls zu beleuchten. Neben Daniela kommen viele andere zu Wort, von den damals ermittelnden Polizeibeamten/innen, über Jugendamtsmitarbeiter/innen, Kneipenbesucher/innen, Bekannten der jungen Frau bis zu ihrer Mutter. Stück für Stück erkundet Goette eine Welt der Hoffnungslosigkeit, der Ohnmacht und des Wegsehens. Daniela Jesse wuchs in Neuberesinchen auf, das seit der Wende als Problemviertel der Stadt gilt. Frankfurt/Oder ist von hoher Arbeitslosigkeit geprägt, in Neuberesinchen sammeln sich die Verlierer/innen. Schon als Kind läuft Daniela immer wieder von zu Hause weg. Mit 17 bekommt sie ihr erstes Kind. Mit 23 hat sie vier Kinder von verschiedenen Männern. Eines gibt sie zur Adoption frei, eines kommt zur Oma, doch auch mit der Betreuung der beiden verbliebenen Jungen ist Daniela, selbst noch nicht richtig erwachsen, überfordert. Goette beschreibt das unausweichliche Herannahen der Katastrophe und den noch heute hilflosen Umgang der Beteiligten damit. Es gibt keine einseitigen Schuldzuweisungen. Der Film entwirft ein Mosaik gesellschaftlichen Versagens. Erschreckend ist die dabei reifende Erkenntnis, dass Ähnliches immer wieder passieren kann.
Autor/in: Dinah Münchow, 01.03.2004