Die Dokumentarfilmerin Irene Langemann zeichnet in ihrer jüngsten Arbeit die außergewöhnliche Lebensgeschichte des 1940 in Sao Paulo geborenen Pianisten Joao Carlos Martins nach, der neben dem legendären Glenn Gould zu den weltbesten Bach-Interpreten gehört. Nach einer Karriere als Wunderkind und einem fulminanten Debüt mit 20 Jahren in den USA folgten Konzerte mit berühmten Orchestern in aller Welt. Martins Aufstieg erlitt einen traumatischen Knick, als er sich 1966 beim Fußballspielen in New York am rechten Arm verletzte. Damit begann eine schier unglaubliche Odyssee aus Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen, schweren Schicksalsschlägen, jahrelangen Karriere-Unterbrechungen und hart erarbeiteten Comebacks. Wegen unerträglicher Schmerzen musste sich Martins 2000 die Nerven seiner rechten Hand durchtrennen lassen. Doch er gab nicht auf, trainierte erneut bis zum konzertreifen Einsatz der linken Hand. – Der Film begleitet Martins in schwierigen Stunden seines Lebens, dokumentiert mit alten Konzertmitschnitten seine Triumphe, lässt Weggefährten wie den Fußballer Pelé und die Jazzlegende Dave Brubeck zu Wort kommen. Wie sich dieser 'Stehaufmann' nach schweren Schicksalsschlägen immer wieder aufrappelt, das zeigt Langemann, die schon in ihrem Dokumentarfilm Russlands Wunderkinder ein subtiles Musikerporträt vorlegte, mit feinem Gespür für die Gedankenwelt des Protagonisten und der für die kritische Analyse nötigen Distanz. So bleibt nicht verborgen, dass Martins' Ruf in Brasilien durch einen Wahlkampf-Spendenskandal ruiniert wurde und seine vier Ehen scheiterten. Insgesamt ist Langemann die bewegende Filmchronik einer unerschöpflichen Passion für die Musik gelungen.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.2004