Der 19-jährige Jakob, der sich als haltloser Drifter bezeichnet, dokumentiert sein chaotisches Leben in einem Videotagebuch mit der Kamera: Jakob lebt mit seinem Bruder und dessen schwangerer Freundin Karo in einer kleinen Wohnung, die Mutter ist offenbar auf Dauer irgendwo im fernen Süden unterwegs. Jakob filmt sich bei der Selbstbefriedigung, seinen Bruder und Karo beim Sex, die Konzerte seines Freundes Phillip und den gemeinsamen nächtlichen Einbruch in ein Haus, dessen Mobiliar sie zertrümmern. – Der formal bestechende Film von Christian Becker und Oliver Schwabe erhebt die subjektive Kamera, die zum Teil vom Hauptdarsteller selbst geführt wird, zum Stilprinzip. Verzerrte Weitwinkeleinstellungen, grünstichige Nachtsichtaufnahmen, eine in einzelne Bildausschnitte zerfallende Wirklichkeit vermitteln assoziativ Jakobs Befindlichkeiten zwischen Selbstbefriedigung, Voyeurismus und sinnloser Zerstörungswut. Jakob sucht nach Vertrautheit und Nähe, doch die Freundin ist nur an sexueller Befriedigung interessiert und die Bewunderung für die Mutter eines Freundes endet in einem gemeinsamen Besäufnis mit ihr. Dies sind genau beobachtete, gut gespielte und anspruchsvoll gefilmte Zustandsbeschreibungen psychischer Befindlichkeiten und Defekte, Realitätssplitter eines Lebens ohne Zukunftsperspektive. Über diese Realitätssplitter weist der Film allerdings nicht hinaus, so ist spätestens nach der Hälfte des Filmes alles über die Hauptfigur gesagt, der Rest ist Wiederholung und Variation.
Autor/in: Holger Twele, 01.02.2005