Am 11. September 2001 steuerten islamistische Terroristen zwei Flugzeuge in das New Yorker World Trade Center, das kurz darauf in sich zusammenstürzte; ein weiteres Flugzeug traf das Pentagon in Washington und eine vierte Maschine, United-Airlines-Flug Nummer 93, stürzte auf einem Feld im US-Bundesstaat Pennsylvania ab, nachdem die Passagiere versucht hatten, die Attentäter zu überwältigen.Bei diesen Selbstmordanschlägen starben knapp 3.000 Menschen. Die schwerwiegendsten und folgenreichsten Terror-Akte der jüngeren Geschichte waren gleichzeitig das bislang größte globale Medienereignis, das viele hundert Millionen Menschen live im Fernsehen verfolgten.
Mit großem Verantwortungsbewusstsein hat sich der britische Regisseur Paul Greengrass an die filmische Verarbeitung des nationalen Traumas der USA herangewagt. Aufgrund zahlreicher Gespräche mit den Angehörigen der Opfer von Flug United 93, mit Mitarbeitern der Flugsicherheit und des Militärs versuchte Greengrass detailgetreu und nahezu in Echtzeit zu rekonstruieren, was an jenem Tag geschehen war. Um die Authentizität der Ereignisse und der Atmosphäre einer außer Kontrolle geratenen Situation zu gewährleisten, zog Greengrass Zeitzeugen/innen zu Rate: Die Familien und Freunde/innen derjenigen, die auf diesem Flug 93 starben, haben ihn ausnahmslos unterstützt. Sie halfen ihm bei der Rekonstruktion ihrer Abschiedstelefonate mit den Entführten und berieten die Schauspieler/innen bei der Entwicklung ihrer Charaktere. Zudem wurden etliche Rollen mit realen Personen in ihren Funktionen im Flugdienst und beim Militär besetzt, die sie auch am Morgen des 11. September innehatten. Bis zuletzt verweigert Greengrass eine eindeutige oder gar einseitige Aussage über die letzten Minuten dieses Flugs. Paradoxerweise ist er aber gerade durch seine distanzierte und nicht bewertende Beobachtung besonders dicht an den Ereignissen dran. Sein stilistisch beeindruckendes und atmosphärisch dichtes Doku-Drama ist wider das Vergessen – und ein aufwühlendes und erschütterndes Denkmal für die Opfer von "9/11".
Autor/in: Stefanie Zobl, 21.10.2006