Der alte kurdische Starmusiker Mamo erhält endlich ein Visum für ein großes Konzert im kurdischen Teil des Irak, auf das er viele Jahre lang gewartet hat. Nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein sind dort wieder öffentliche Aufführungen kurdischer Lieder erlaubt. Gemeinsam mit seinem besten Freund Kako und seinen zehn Söhnen macht sich Mamo in einem klapprigen Bus auf den beschwerlichen Weg vom Iran in den Irak. Weil ihnen eine weibliche Stimme fehlt, entführen sie die Sängerin Hesho aus ihrem Exil in einem abgelegenen Bergdorf, in das sie verbannt wurde, weil es Frauen im Iran verboten ist, als Solistinnen vor männlichem Publikum aufzutreten. Die Reise durch verlassene Dörfer und unwegsame Einöden entwickelt sich zu einer strapaziösen Odyssee mit zermürbenden Grenzkontrollen und bizarren Todesvisionen, auf der das geplante Konzert mehr und mehr zu einer Schimäre wird. Schließlich kommt es zu einer Begegnung mit einer geheimnisvollen Schönen namens Niwemang ("Halbmond"), eine Allegorie eines halb sichtbar, halb verborgen existierenden Kurdistans.
Half Moon ist ein atmosphärisch dichtes, eigenwilliges Road Movie, das anhand der haarsträubenden Bedingungen, unter denen die Gruppe kurdischer Musiker/innen arbeiten muss, staatliche und soziale Restriktionen sowie persönliche Grenzerfahrungen widerspiegelt. Zugleich ist der Film eine Hommage an die Überlebenskraft der kurdischen Kultur, die hier vor allem in der Musik ihren Ausdruck findet. Mit den präzise gezeichneten kargen Berglandschaften wirkt die Bildgestaltung fast dokumentarisch, während die parabelhafte, poetisch überhöhte Geschichte zwischen Realität und Traum, Groteske und Tragödie oszilliert. Verglichen mit Bahman Ghobadis früheren Werken wie
Zeit der trunkenen Pferde (2000) oder
Schildkröten können fliegen (2004), in denen der iranische Regisseur den Existenzkampf von Kindern ins Zentrum rückte, ist
Half Moon kein leicht zugänglicher Film. Für Schüler/innen ab Klassenstufe 11 bietet das Road Movie jedoch fruchtbare Diskussionsansätze, um sich mit den ästhetischen Ausdrucksmitteln des Films, der kurdischen Musik und Kultur, sowie den aus westlicher Sicht häufig befremdlich erscheinenden Normen und Ritualen der orientalischen Welt auseinander zu setzen.
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Autor/in: Kirsten Liese, 07.08.2007