Der aus Puerto Rico stammende Miguel Piñeiro machte sich in den 60er Jahren als Latino-Poet einen Namen in der US-Kulturszene. Als er wegen eines kleinen Diebstahls im Gefängnis saß, verarbeitete er seine Erfahrungen zu dem Theaterstück "Short Eyes", das am New Yorker Broadway Furore machte. 1976 verfilmte Robert Young es unter dem Titel Slammer mit Piñeiro in der Hauptrolle, der rasch auch als experimenteller Lyriker und TV-Schauspieler Anerkennung fand. Der ständig steigende Drogenkonsum, mehrere Haftstrafen und der exzessive Lebensstil führten 1988 zu einem frühen Tod. Piñeiro wurde nur 40 Jahre alt. – Der aus Kuba eingewanderte Regisseur Leon Ichaso zeichnet in seiner betont subjektiven Filmbiographie wichtige Stationen vom Aufstieg und Fall des Underground-Poeten nach. Die mit etlichen Längen beladene Inszenierung nährt leider recht schnell den Verdacht, hier solle einer Multi-Kulti-Ikone ein filmisches Denkmal gesetzt werden. Mit abrupten Schnitten und einer 'wilden' Kamera, einem willkürlichen Wechsel zwischen Schwarzweiß- und Farbmaterial und unmotivierten Sprüngen zwischen Gegenwart und Vergangenheit bemüht sich Ichaso, den exaltierten, provokativen Stil Piñeiros nachzuahmen. Im Vergleich mit der fast zeitgleich anlaufenden, thematisch verwandten Filmbiographie Pollock über den berühmten New Yorker Maler zieht Piñero den Kürzeren. Während Ed Harris Pollock als klassisches 'biopic' psychologisch sorgfältig inszeniert hat, wirkt Ichasos auf schick getrimmtes Intellektuellenporträt überambitioniert. Viel zu selten bietet er eine so schöne Szene wie die mit Piñeiros enttäuschter Mutter, die im Gefängnis mit Tränen in den Augen zu ihm sagt: "Tu etwas, was mich stolz macht, bevor ich gehe!"
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.07.2002