Der kleinwüchsige Finbar zieht nach Newfoundland in New Jersey, wo er von seinem verstorbenen Freund ein abgelegenes Bahnwärterhäuschen geerbt hat. Weil Finbar unter den ständigen Hänseleien seiner Umwelt leidet, ist er am liebsten allein. Seine einzige Leidenschaft gilt der Eisenbahn; er beobachtet regelmäßig Züge, fährt aber nie mit ihnen. Die erhoffte Ruhe wird jedoch von zwei Menschen durchbrochen: dem redseligen jungen Latino Joe, der für seinen schwer erkrankten Vater eine rollende Hotdog-Bude betreibt, und der verbitterten Malerin Olivia, die sich nach dem Unfalltod ihres Sohnes von ihrem Mann getrennt hat. Finbar würde den beiden am liebsten ganz aus dem Weg gehen, doch Zufälle und Joes Beharrlichkeit sorgen für ständige Reibung. – Mit seinem charmanten Regiedebüt ist dem amerikanischen Schauspieler und Drehbuchautor Tom McCarthy einer der schönsten Filme des Kinojahres 2004 gelungen. Er erzählt mit großer Herzenswärme und subtiler Poesie von Außenseitern/innen, die sich mit unterschiedlichen Handicaps herumschlagen müssen und gleichsam nebenbei lernen, wie wichtig Freundschaft und Fürsorge für das Leben und Überleben sind. McCarthy versteht es in seinem überraschend einfach komponierten Filmdrama meisterhaft, die drei Hauptfiguren mit ihren Schwächen und Stärken so sparsam und zugleich facettenreich zu skizzieren, dass sie einem schnell ans Herz wachsen. Die bedächtige Erzählweise und der weit gehende Verzicht auf dramatische Konflikte erzeugen eine entspannte Atmosphäre, die an frühe Filme von Jim Jarmush erinnert. Die von den Charakteren bestimmte Inszenierung lebt vor allem von den Leistungen der drei Hauptdarsteller/innen, die sich wunderbar ergänzen. Vor allem Peter Dinklage als Finbar meistert seine erste Kinohauptrolle ohne jeden falschen Ton. Station Agent war 2003 der Knüller des Filmfestivals von Sundance: Er gewann die Auszeichnungen als bester Film, für das beste Drehbuch und die beste Darstellerin. Gute Vorzeichen für ein kleines Filmjuwel, das man im Kino nicht verpassen sollte.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.06.2004