Der Marine-Veteran Freddie Quell ist ein unbeherrschbarer Mensch. Offenbar schwer traumatisiert von seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg helfen dem vereinsamten Mann einzig Alkohol und sexuelle Fantasien durch den Alltag. Regelmäßig verliert er die Nerven und in der Folge seine Arbeit. Nach einem seiner Ausraster lernt Freddie einen Mann kennen, denn alle nur "The Master" nennen: Lancaster Dodd, seinerseits Kriegsrückkehrer, hat eine eigene Glaubensgemeinschaft gegründet, in der Freddie Halt und neuen Lebenssinn findet. Doch zunehmend wird Freddie manipulierenden "Psycho-Spielen" ausgesetzt und allmählich beginnt er, Dodds zweifelhaften Methoden zu hinterfragen.
In den USA Ende der 1940er-Jahre ist die Erinnerung an den Krieg noch lebendig. Gleichzeitig verspricht der wirtschaftliche Aufschwung eine Zukunft in Wohlstand. Die Schauspieler Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman kehren als Freddie Quell und Lancaster Dodd die Wunden, Hoffnungen und Visionen dieser Zeit mit meisterlich präzisem Schauspiel nach außen, zum Teil auch mit dem gewollt übertriebenen Einsatz von Mimik, Gestik und verbaler Sprache. Lose auf der Entstehungsgeschichte der religiösen Scientology-Bewegung basierend, konfrontiert Regisseur Paul Thomas Anderson diese beiden ebenso symptomatischen wie extremen Charaktere in einem spannenden Psycho-Duell. Durch die Verwendung des 70mm-Filmformats werden etwa in
Großaufnahmen selbst kleinste Regungen oder in Totalen Details sichtbar und deren Bedeutung somit verstärkt.
Mit
The Master hat Anderson mehr als einen kritischen Film über die Anfänge einer Sektenbewegung gedreht. Vielmehr zeichnet er ein komplexes Stimmungsbild der US-Gesellschaft um 1950 und zeigt, welche Mechanismen zur Entwicklung alternativer spiritueller Ideen und Bewegungen führen können. Ausgehend von der historischen Betrachtung dieser Epoche kann im Unterricht die Zeitlosigkeit des Filmplots erörtert werden. In welchen Situationen suchen Menschen verstärkt nach spirituellem Halt und warum? Weiterhin lässt sich am Beispiel von Scientology die Frage diskutieren, ab wann man von einer sektenähnlichen Gruppe oder von einer Sekte spricht und welche Gefahren davon für den Einzelnen ausgehen können. Schließlich bietet sich der Film an, um dessen spezielle Art der Geschichtsvermittlung zu analysieren und generell das Genre Historienfilm zu untersuchen.
Autor/in: Marguerite Seidel, 20.02.2013
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