Damit es im Leben interessant bleibt, braucht es wie beim Essen ein bisschen Würze, und selbst die Geheimnisse des Weltalls sind bereits "sinnhaft" in der Welt der Gewürze angelegt. Diese Lebensweisheiten hat der griechische Astrophysiker und begeisterte Hobbykoch Fanis von seinem Großvater Vassilis, der in Istanbul einen Gewürzladen führte, mit auf den Weg bekommen. Als der betagte Vassilis schwer erkrankt, macht sich Fanis auf die Reise in das Land seiner Kindheit, um von seinem Großvater Abschied zu nehmen. Dreißig Jahre, nachdem Fanis die Türkei mit seinen Eltern verlassen musste und sowohl von seinem Großvater wie von seiner ersten Liebe getrennt wurde, wird diese Reise für ihn zugleich zum Prüfstein, ob er die Ratschläge seines Großvaters befolgen und seinem Leben die richtige Würze geben konnte. – Die Kochkunst und die Welt der Gewürze als sinnenfrohe Medien zum Lernen wertvoller Lektionen für und über das Leben sind ein beliebter Topos in Spielfilmen, gerade wenn es um Lebens-Geschichten geht. Auch Tassos Boulmetis hat in seinen zweiten Spielfilm viele autobiografische Erfahrungen eingeflochten. Wie sein Filmheld wurde er in Istanbul geboren und sprach perfekt türkisch, als er im Alter von sieben Jahren 1964 nach Griechenland übersiedeln musste. Damals zwangen die Türken alle im Land lebenden Griechen, die Türkei zu verlassen. Neben dem Verlust von Heimat, Identität und geliebten Mitmenschen führte dies besonders bei Mischehen zu dramatischen Konflikten, weil ihre Familien auseinander gerissen wurden. Die politischen Querelen zwischen der Türkei und Griechenland führten zur türkischen Besetzung eines Teils von Zypern und zur Teilung der Insel, die bis in die Gegenwart ihre Spuren hinterlässt. Bedauerlich daher, dass dieser politische Hintergrund, auf den der Originaltitel Bezug nimmt, durch einen sehr unverfänglichen deutschen Verleihtitel ersetzt wurde, der an allen in der Kochkunst Unerfahrenen vorbei geht. Zudem schwelgt der Film keineswegs nur in Gewürzinspirationen und sinnenfrohen Essensgelagen, so wie das Leben selbst keineswegs nur aus einer süßen Nachspeise besteht und es mitunter gar erforderlich sein mag, absichtlich das "falsche" Gewürz zu verwenden.
Autor/in: Holger Twele, 01.04.2005