Eine gewisse Distanz schärft den Blick auf politisch-gesellschaftliche Phänomene; das beweist einmal mehr das schwedische Regietalent Lukas Moodysson in seiner WG-Satire über eine Kommune in den 70er Jahren: 1975 verlässt die frustrierte Hausfrau Elisabeth ihren gewalttätigen Mann und zieht mit den beiden Kindern in die Kommune ihres Bruders, die ein altes Haus in einem Vorort von Stockholm bewohnt. Dort diskutiert man leidenschaftlich über Politik, probiert freien Sex aus, pflanzt Gemüse an und trinkt häufig Rotwein. Während Elisabeth neue Möglichkeiten entdeckt, betrachten die irritierten Kinder das Wohngemeinschaftschaos mit gesunder Skepsis. – Eine gute Portion Dialogwitz und Hits mit zeittypischer Orgelunterstützung runden das Kinovergnügen ab, das der junge Regisseur dem Publikum in dieser hintergründigen Gesellschaftschronik beschert. In seinem zweiten Film nach dem vielgelobten Jugendporträt
Raus aus Amal gelingt ihm eine sorgfältige Balance aus Gesellschaftskritik und Sympathie für die Figuren. Moodysson beschreibt zwar das Scheitern der revolutionären Utopien an (allzu) menschlichen Egoismen, übersteigerten Erwartungen und Sachzwängen mit satirischem Biss, verrät die Charaktere jedoch nie an vordergründige Zynismen oder billige Lacheffekte.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.04.2001