Jahrzehntelang hat Walt Kowalksi, ein Korea-Kriegsveteran, für die Automobilfirma Ford gearbeitet. Nach dem Tod seiner Frau lebt er nun alleine in seinem Haus in Detroit. Die Arbeitslosenquote ist hoch, Kriminalität und gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Jugendgangs sind an der Tagesordnung. Mitten in diesem sozialen Brennpunkt befindet sich Kowalski. Sozialer Kontakt ist dem Witwer zuwider, egal ob es sich dabei um seine Söhne, Enkel oder den jungen Gemeindepriester handelt, der ihn zur Beichte bewegen möchte. Seinen Lebensabend verbringt er gemeinsam mit seinem Hund auf der Veranda – mit einem Bier und einer Zigarette in der Hand. Von dort aus beobachtet er das Geschehen in seiner Nachbarschaft, die ihm fremd geworden ist. Viele Migranten/innen wohnen mittlerweile dort, ins Nachbarhaus ist eine ostasiatische Familie eingezogen – sehr zum Missfallen des fremdenfeindlichen Sonderlings.
Eines Nachts erwischt Kowalski, die Schrottflinte im Anschlag, den Nachbarsjungen Thao bei dem Versuch, sein Schmuckstück, einen 1972er Gran Torino Sportwagen, zu stehlen. Der versuchte Diebstahl entpuppt sich als "Aufnahmeprüfung" für eine Jugendgang. Um die Tat wieder gut zu machen, arbeitet Thao freiwillig eine Zeitlang für Kowalski, wobei sich die beiden menschlich näher kommen: Kowalski wird zur männlichen Leitfigur für den schüchternen, vaterlosen Thao und freundet sich mit ihm und dessen Familie an. Doch als sich Thao von den Jugendgangs lossagen will und dabei von Kowalski unterstützt wird, eskaliert die Gewalt auf ungeahnte Art und Weise.
Thaos Familie gehört dem südostasiatischen Hmong-Volk an. Im Vietnam-Krieg unterstützten die Hmong die USA. In der Folge galten sie in ihrer Heimat als Verräter, viele wanderten in die USA aus. Kowalski, der, wie sich herausstellt, unter einem Kriegstrauma leidet, erkennt, wie viel ihn mit seinen Nachbarn verbindet. Durch seinen engen Kontakt zu Thao beginnt Kowalski zudem, die Probleme der Jugendlichen in seinem Umfeld wahrzunehmen. Als Vaterersatz möchte er Thao lehren, wie er auch ohne Anschluss an eine Gang stark sein kann. Dadurch gerät der alte Mann zwischen die Fronten der rivalisierenden Jugendbanden in dem Wohnviertel.
Clint Eastwood, sowohl Regisseur als auch Hauptdarsteller, liefert mit
Gran Torino bodenständiges, klassisches Erzählkino, das mit einer schnörkellosen Inszenierung und atmosphärischen Bildern besticht. In ihrer fast karikaturhaften Pose des knorrigen Einzelgängers verweist die Figur Kowalskis auf klassische Rollen Eastwoods, wie etwa die des Inspektors Harry Callahan in der
Dirty Harry-Reihe (USA 1971-1983). Dieser Kowalski macht aus seiner rassistischen Einstellung keinen Hehl und äußert diese, obwohl sonst eher kurz angebunden, bei jeder Gelegenheit. Gerade diese mangelnde Political Correctness des Films regt zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung mit den Themen Minderheiten, Vorurteile, Jugendgewalt und -kriminalität an. Im Laufe der mit Humor durchsetzten Geschichte verwandelt sich Kowalski vom aggressiven Misanthropen zu einem Menschen, dem es nach langer Zeit wieder gelingt, eine Beziehung zu anderen zu entwickeln und dafür Verantwortung zu übernehmen. Durch diese Veränderung kommen auch schmerzhafte Aspekte seines Lebens zum Vorschein. Als Plädoyer für Toleranz und Zivilcourage stellt
Gran Torino besonders durch sein überraschendes Ende die Konfliktlösung durch Gewalt in Frage.
Autor/in: Stefanie Zobl, 02.03.2009
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