Auf der Jagd nach sensationellen Bildern kennt Regisseur Denham keine Skrupel. Mit der Aussicht auf eine Hauptrolle ködert er die junge Arbeitslose Ann und bricht mit ihr von New York aus mit dem Schiff zu einem abenteuerlichen Filmdreh auf. Das genaue Ziel verrät er ihr nicht: Eine mysteriöse Tropeninsel, auf der eine Kreatur namens Kong hausen soll. Dort angelangt, sieht sich Denham alsbald auf der richtigen Spur: Heimlich filmen er und seine Crew, wie die Bewohner/-innen der Insel eine Frau als Opfergabe für ihren Gott "Kong" schmücken. Als deren Anführer die Eindringlinge entdeckt und die Herausgabe von Ann verlangt, bleibt dem Filmteam nur die Flucht auf das Schiff. Doch nachdem Ann in der Nacht von den Einheimischen entführt wird, kehren Denham und seine Leute bewaffnet auf die Insel zurück. Zu spät, als Opfer dargeboten, wird Ann von Kong, einem gewaltigen Gorilla, gepackt und in den Urwald geschleppt. Die Männer nehmen die Verfolgung auf, sehen sich jedoch unversehens nicht nur Kong, sondern auch leibhaftigen Dinosauriern gegenüber. Nach verlustreichem Kampf gelingt es ihnen dennoch, Ann zu retten – und mehr noch: Mit Gasgranaten betäubt, wird Kong in Ketten gelegt und nach New York verschifft. Als Denham dort den Riesengorilla vor Presse und Publikum präsentiert, kommt es zur Katastrophe: Kong reißt sich los und stürzt die Stadt ins Chaos.
Seit er 1933 erstmals die Kinosäle erzittern ließ, hat
King Kong unzählige Nachahmer inspiriert. Noch im selben Jahr realisierten Merian C. Cooper (diesmal als ausführender Produzent) und Ernest B. Schoedsack mit
King Kongs Son (
The Son of Kong) eine Fortsetzung. Zeitgleich entstand in Japan der erste einer ganzen Reihe von
Monsterfilmen mit King-Kong-Bezug, die in den 1960er-Jahren ihren Höhepunkt erlebte. Und Peter Jacksons
Remake King Kong (USA, NZL, D 2005) oder zuletzt
Godzilla vs. Kong (USA 2021, R: Adam Wingard) sind zwei jüngere Beispiele, die belegen, dass der Riesenaffe inzwischen im digitalen Hollywood-
Blockbuster-Kino eine neue Heimat gefunden hat. Die Bedeutung des
Schwarzweiß-Film-Klassikers liegt aber nicht nur darin, ein originäres, vielfach reproduziertes Kinomonster geschaffen zu haben - vor allem ist er ein Meilenstein der
Tricktechnik: Seinen Erfolg verdankt er nicht zuletzt dem spektakulären Einsatz des
Stop-Motion-Verfahrens, das Trickspezialist Willis O’Brien seit
The Lost World (USA 1925, R: Harry O. Hoyt) weiter perfektioniert hatte. Für
King Kong konstruierte er Miniaturmodelle mit Metallskelett, um den Gorilla und die Dinosaurier glaubwürdig bewegen zu können. Auch aufwändige, auf Glas gemalte Kulissen (
Matte Paintings) und
Rückprojektionen tragen entscheidend zur illusionistischen Wirkung des Films bei. Wegweisend war
King Kong aber ebenso für die
Filmmusik: Max Steiners Score gilt als der erste, der auch die Dialoge untermalte, um die Dramatik zu erhöhen.
Der tricktechnische Einfallsreichtum von
King Kong fasziniert auch in digitalen Zeiten. Zumindest diejenigen, die mit dem Hollywoodkino der früheren 1930er-Jahre nicht so vertraut sind, dürfte jedoch auch die Gewalt und Freizügigkeit des Films verblüffen.
Szenen wie die, in der Kong Ann die Kleidung vom Leib zupft oder Inselbewohner mit den Füßen zerstampft, wären nach Einführung des
Production Codes 1934 in Hollywood nicht mehr denkbar gewesen – zur Wiederaufführung 1938 wurden die Szenen entsprechend entfernt und erst Ende der 1960er-Jahre wieder ergänzt. Aus heutiger Sicht fällt vor allem der ausgeprägte Exotismus des Films unangenehm auf, der nicht zuletzt die stereotype Darstellung der Indigenen betrifft, die zudem durchweg aus Perspektive der Weißen gezeigt werden. Fragwürdig erscheint auch die Objektifizierung von Ann – Darstellerin Fay Wray avancierte in ihrer Rolle als hilflose blonde weiße Frau zur ersten "Scream Queen" des damals noch jungen Tonfilms. Bemerkenswert ist dabei, dass
King Kong seine zwiespältigen Schauwerte und den damit verbundenen kommerziellen Aspekt durchaus selbstreflexiv präsentiert: In der ambivalenten Figur des Regisseurs Denham verweisen Cooper und Schoedsack, die mit spektakulären
Dokumentarfilmen zu Ruhm gelangt waren, offensichtlich auf sich selbst. Und mit den sensationsgierigen Massen, die zur Zurschaustellung des Riesengorillas strömen, halten sie dem Kinopublikum ebenso augenzwinkernd den Spiegel vors Gesicht.
Autor/in: Jörn Hetebrügge, 02.03.2023
Mehr zum Thema auf kinofenster.de:
Weitere Texte finden Sie mit unserer Suchfunktion.