Paris, 16. Juli 1942. Bei einer Massenrazzia werden die zehnjährige Sarah und ihre jüdischen Eltern von der französischen Polizei aus ihrer Wohnung abgeholt. Die Kleine schließt ihren jüngeren Bruder in einem geheimen Wandschrank ein und nimmt den Schlüssel mit in der Annahme, sie käme bald zurück. Sarah selbst überlebt zwar den Holocaust, zerbricht aber Jahre später an ihrer tragischen Entscheidung, die unweigerlich zum Tod des Jungen geführt hat. 67 Jahre später entdeckt Julia, eine US-amerikanische Journalistin, bei ihren Recherchen, dass die Wohnung, in der sich das Drama zutrug, seit Jahrzehnten der Familie ihres zukünftigen Mannes gehört.
Sarahs Schlüssel beschäftigt sich wie
Die Kinder von Paris (Rose Bosch, Frankreich, Deutschland, Ungarn 2010) mit der Kollaboration der französischen Behörden mit den deutschen Besatzern. Im Gegensatz zu Rose Bosch verzichtet Paquet-Brenner auf brutale Szenen in Konzentrationslagern. Die Handlung ist fiktiv, kommt aber der Wirklichkeit sehr nahe und orientiert sich dicht an dem gleichnamigen Roman von Tatiana de Rosnay. Geschickt verwebt das Drehbuch mit
Rückblenden und Ellipsen die unterschiedlichen Handlungsebenen, wobei die komplizierte Erzählstruktur mit vielen Sprüngen zwischen den Zeitebenen dem Publikum sehr viel Aufmerksamkeit abfordert. Für große Authentizität sorgen vor allem die mit dokumentarischer Schärfe inszenierten Szenen im berüchtigten Pariser Vélodrome d‘Hiver, in dem die Deportierten tagelang zusammengepfercht wurden sowie das sensible Spiel der Hauptdarsteller/innen.
Mit einem sehr berührenden Familienschicksal im Fokus und einer spannungsreichen Dramaturgie bietet
Sarahs Schlüssel einen starken emotionalen Einstieg in ein Thema, das in Frankreich lange tabuisiert war. Da die historischen Ereignisse nur grob umrissen werden, sollten Fakten und Hintergründe anhand von Quellenmaterial und Recherchen erarbeitet werden. Daran anknüpfend kann darüber diskutiert werden, wie sich der Film zur Mitverantwortlichkeit der französischen Kollaborateure/innen für die Verbrechen des Nationalsozialismus positioniert. Im Französischunterricht empfiehlt sich eine (auszugsweise) Lektüre der literarischen Vorlage, um dann die filmische Adaption zu vergleichen und zu bewerten.
Autor/in: Kirsten Liese, 12.12.2011
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