Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet den Spielfilm
Nebel im August von Kai Wessel mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus. Lena fühlt sich von allen allein gelassen. Deutschland 1942: Der 13-jährige Ernst Lossa, Sohn eines fahrenden Händlers und Angehöriger der Jenischen (einer Volksgruppe, die früher häufig mit Sinti und Roma gleichgesetzt wurde), kommt in die Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee, weil er als „nicht erziehbar“ gilt. Der Leiter Dr. Veithausen erweckt anfangs den Anschein, als läge ihm das Schicksal der Kinder am Herzen. Doch bald begreift Ernst, der dem Pflegepersonal und dem Hausmeister hilfreich zur Hand geht, dass in der Anstalt schreckliche Dinge passieren: Geistig und körperlich behinderte oder psychisch kranke Patienten und Patientinnen werden dort nämlich getötet. Mit der Pflegerin Edith Kiefer kommt eine Verfechterin der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Politik in die Klinik. Und auch Veithausen erweist sich zunehmend als Erfüllungsgehilfe der mörderischen Anweisungen aus Berlin.
In der Jurybegründung heißt es: "Wirklich durchdacht und dramaturgisch clever gemacht zeigt NEBEL IM AUGUST alle Ebenen von Schuld und Mitschuld, bis hin zur fragwürdigen Rolle des Vatikans. Wessels Inszenierung vermag, dass sich Zuschauer beinahe gleichzeitig von der Vergangenheit distanzieren und dennoch als Teil des Systems begreifen müssen.
Einen Teil dieses Erlebnisses führt die Jury auf eine sensible Dramaturgie und Inszenierung zurück, auf eine eindrucksvolle Kamera und erstaunlich ruhige Bilder. Sie balancieren – genau wie der erstklassige Score – lange auf der Grenze zwischen gut und böse, Freude und Schrecken und Traum und Alptraum, bevor sie unabwendbar scheinende Ereignisse mit aller Macht dokumentieren. Hier steht der Film in keiner Weise der Dramaturgie des Buches nach, im Gegenteil, selten hat die Jury einen Film erlebt, der so glaubwürdig die Subtilität des Schreckens auf die Leinwand zu bannen versteht, wie
Nebel im August.
Einen Grund dafür sieht die Jury auch in der Besetzung. Wider besseres Wissen vermag Sebastian Koch, als Anstaltsleiter Veithausen, dem Zuschauer suggerieren, sein Charakter sei ein guter Mensch, bis er mit großer Entschlossenheit sein wahres Ich zu erkennen gibt. Mit Erstaunen bemerkte die Jury, wie sympathisch ein so perfider Mensch wirken kann und erkannte darin den Schrecken dieses Charakters.
Der 13jährige Ivo Pietzker als Ernst Lossa steht Koch schauspielerisch indes in keiner Weise nach. Mit glaubwürdiger Sicherheit kann er eine rasche, plausible Wende vollziehen, vom schwer erziehbaren Streuner hin zum hilfreichen, aufrechten Helden, der für seine Überzeugung in den Tod gehen wird.
Nicht nur wegen seiner unkonventionellen Dramaturgie, seiner hervorragenden Besetzung und seiner historischen Dimension erscheint der Jury
Nebel im August besonders wichtig, sondern auch wegen der, auch heutzutage immer wieder gemachten, Kostenrechnungen im Gesundheitssystem. Weil sich NEBEL IM AUGUST in vielerlei Hinsicht von der Masse des Genres positiv abhebt und sich weiterhin für eine gezielte Vergangenheitsbewältigung und für Verantwortung und Fürsorgepflicht ausspricht, spricht die Jury dem Film einstimmig das Prädikat "besonders wertvoll" zu."