Vier Jugendliche verbringen Weihnachten in der Psychiatrie. So unterschiedlich wie ihre Gründe dafür sind auch ihre Charaktere: die extrovertierte, provokante Lara kuriert eine Drogenpsychose aus, Timo ist aggressiv und gewalttätig, die introvertierte Alex kann sich nicht aus dem Verantwortungsgefühl für ihre depressive Mutter lösen, und der stille Georgier Fedja leidet nach dem schlimmen Mobbing durch seine Mitschüler unter Panikattacken. Psychiater Dr. Wolff versucht ihnen Selbstvertrauen und Verantwortung zu geben, in dem er den Jugendlichen Freiheiten lässt. Mit seinen unkonventionellen Methoden eckt er jedoch bei einigen Kollegen an. Es kommt so auch zu einer ungeplanten, erschreckenden Situation, die ihm großen Ärger mit dem Chefarzt einhandelt und die Jugendlichen aufrüttelt – doch genau dadurch wachsen sie über sich hinaus.
Durch das hervorragende Schauspiel der vier Jugendlichen fällt es leicht, sich auf die Charaktere einzulassen. Die Figur des rebellischen Arztes bietet weniger Überraschungen, sondern ist funktionell nötig. Trotz technisch wenig aufwändiger und eher einfach ausgestatteter Bilder schafft der Film durch Ruhe, sanfte
Farben und Bilder von kargen Klinikräumen und winterlichem Wald eine poetische Stimmung, die gelegentlich durch sanfte
Pianomusik untermalt wird, auch wenn dies erzählerisch nicht nötig wäre. Immer wieder eingestreuter Humor verhindert eine Betroffenheits-Starre. Die trotz dramatischer Vorgänge unaufgeregte, nahe, aber nicht zudringliche
Kamera wirkt wie eine Entsprechung zum Respekt, den Dr. Wolff und die Jugendlichen einander (früher oder später) entgegenbringen.
Fast jeder Jugendliche kennt das Gefühl, innerhalb der Familie an Grenzen zu kommen und unverstanden zu sein. Klassischerweise kommen unter dem Erwartungsdruck eines harmonischen Weihnachtens Konflikte zum Vorschein. Anhand des Films kann sowohl über den Einfluss von Familie auf das eigene (Wohl-)Befinden als auch über die Bedeutung von Weihnachten und christlicher Werte in der heutigen Gesellschaft gesprochen werden. Auch das Prinzip der Freiheit, der Selbstverantwortung und des Vertrauens versus Regeln und Strafen kann behandelt werden. Der Titel „Vier Könige“ lässt Spielraum für Interpretationen und kann einen Impuls geben für eine historisch-philosophische Betrachtung der Rolle von Königen. Da ein Aufenthalt in der Psychiatrie noch zu den Tabuthemen gehört, bietet der Film Gelegenheit, sich mit diesbezüglichen Vorurteilen auseinander zu setzen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Imke Staats, 03.11.2015, Vision Kino 2015.
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