Frühjahr 2005. Ein politisch engagiertes Filmteam aus Genua will die Machenschaften des als korrupt verschrienen italienischen Ministerpräsidenten und Medienmoguls Silvio Berlusconi öffentlich machen und einen Spielfilm über dessen gewaltsame Entführung drehen. Berlusconi, so steht es im Drehbuch, würde dann seine Fehltritte gestehen und endlich einem gerechten Urteil zugeführt werden. Doch bereits am ersten Drehtag kommen dem Produzenten Roberto große Bedenken. Seine Anwälte raten, Berlusconi nicht bei seinem Namen zu nennen, sonst würde dieser das Projekt gerichtlich stoppen lassen. Inspiriert von dem Micky Maus-Heft seines Sohnes, entscheidet der Regisseur, den Hauptdarsteller in "Micky Laus" umzunennen. Die Handlung wird komplett nach Hühnerhausen verlegt, wo der Bürgermeister Micky Laus zugleich über den Sender „Melonen-TV“ herrscht. Die Entführung kulminiert in einem Internet-Schauprozess, in dem die Einwohner/innen von Hühnerhausen über Schuld oder Unschuld von Micky Laus entscheiden sollen. Ähnlichkeiten mit dem "echten" Berlusconi sind natürlich unvermeidlich und so sieht sich die Filmcrew vermehrt massiven Repressalien durch die italienischen Ordnungshüter ausgesetzt.
Die Handlung von
Bye Bye Berlusconi! jongliert mit verschiedenen Erzählebenen, indem die Spielfilmhandlung einer Entführung kontinuierlich mit Szenen der realen Dreharbeiten unterschnitten ist. Wie in
Mucksmäuschenstill, für den er als Hauptdarsteller auch das Drehbuch geschrieben hat, suggeriert Stahlberg mit hektischer Handkamera und Interview-Ausschnitten Authentizität und überhöht die Situationen ins Groteske. Ein wirklich witziger Seitenhieb auf Berlusconis Medienimperium sind die Szenen, in denen "Melonen-TV" mit leicht bekleideten Frauen und dümmlicher Berichterstattung auf Sendung geht. Häufig jedoch rutscht Stahlbergs zweiter Spielfilm in reinen Klamauk ab und erschwert damit gerade die ernsthaftere Auseinandersetzung mit dem Phänomen Berlusconi. Zudem vermischen sich Fiktion und Realität, bis man am Ende kaum noch zwischen beiden entscheiden kann. Das ist als formales Experiment und Meta-Diskurs über das Medium durchaus gelungen, erschwert jedoch die Rezeption. Greifbar nachvollziehbar werden allerdings die Erfahrung von Repressionen und das Gefühl der Bedrohung während der Dreharbeiten.
Autor/in: Ula Brunner, 23.10.2006