Seit über 20 Jahren steht Raquel als Haushälterin in den Diensten der chilenischen Oberschicht-Großfamilie Valdez. Zunehmend plagen die fleißige, verschlossene Frau Depressionen und Kopfschmerzen, die sie vergeblich mit Tabletten zu bekämpfen sucht. Um sie zu entlasten, will ihr die Familie eine zweite Kraft zur Seite stellen. Doch Raquel wittert Konkurrenz und vergrault die ersten Aushilfen. Erst die unkonventionelle Lucy verblüfft die kindische Intrigantin mit ihrer erfrischenden, humorvollen Art. Erstmals entdeckt Raquel so etwas wie Lebensfreude.
La Nana – Die Perle ist gleichzeitig Charakterstudie, Gesellschaftsporträt, Sozialdrama und Komödie. Seine Titelfigur hat der Chilene Sebastián Silva an seine eigene Kinderfrau angelehnt und in Catalina Saveedra eine ideale Hauptdarstellerin gefunden, die die ambivalenten Wesenszüge ihrer Figur mit subtiler Mimik auslotet. Formal erinnert der Film an die frühen
Dogma-Filme des dänischen Kinos. Silva setzt auf Authentizität, nimmt die südamerikanische Welt der Wohlhabenden und ihrer uniformierten Bediensteten mit der
Handkamera ins Visier und verzichtet weitgehend auf künstliches Licht und psychologisierende
Musik. Mit vielen
Totalen bleibt er dabei lange Zeit auf Distanz zu seiner unnahbaren Hauptfigur, die erst gegen Ende Nähe zu ihrer neu gewonnenen Freundin Lucy aufbaut. Mit der aufkommenden Vertrautheit
zoomt die Kamera dichter an die Hauptfiguren heran.
Gerade im Fremdsprachenunterricht bietet
La Nana – Die Perle gute Ansatzpunkte, sich mit der (südamerikanischen) Klassengesellschaft zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang können die speziellen Arbeitsverhältnisse dauerhafter Hausangestellter in privilegierten Familien zur Sprache kommen: In Chile ist es keine Ausnahme, dass die Angestellten bescheiden in einem winzigen Zimmerchen unter dem Dach ihrer Arbeitgeber wohnen, die die Konflikte des Personals jedoch nicht wahrnehmen. Ferner können Schüler/innen analysieren, welche Gründe dazu geführt haben, dass Raquel im Laufe der Zeit so grimmige Züge angenommen hat und warum sie sich durch die Begegnung mit Lucy verändert. Als eine Frau, die sich gänzlich von ihrer Arbeit vereinnahmen lässt, bietet der Film zudem Diskussionsansätze für Themen wie berufliche Abhängigkeitsverhältnisse, Arbeitssucht sowie weibliche Emanzipation.
Autor/in: Kirsten Liese, 15.06.2010
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