Die Hoovers sind auf den ersten Blick eine schreckliche Familie. Vater Richard, ein Motivationstrainer, propagiert Wege zum Erfolg in einem eigens entwickelten "Neun-Stufen-Programm", muss jedoch selbst um seine Aufträge bangen. Sein Großvater, ein alter Hippie, wurde wegen Sex- und Drogengeschichten aus dem Seniorenheim geworfen, und sein sensibler Schwager hat gerade einen Selbstmord-Versuch hinter sich. Der Teenager-Sohn Dwayne schweigt eisern vor sich hin und vertieft sich in Nietzsche, während seine pummelige siebenjährige Schwester Olive davon träumt, an der Wahl zur "Little Miss Sunshine" in Kalifornien teilzunehmen. Fürsorglich, aber ständig überfordert, versucht die Mutter das familiäre Chaos in Schach zu halten. Als Olive tatsächlich zu dem Kinderschönheitswettbewerb eingeladen wird, machen sich die Hoovers in ihrem klapprigen VW-Bus auf den Weg von New Mexiko nach Los Angeles. Trotz zahlreicher Widrigkeiten und Auseinandersetzungen ist der Zusammenhalt der ganzen Familie am Ende der Reise gestärkt.
Das unterhaltsame Road-Movie setzt nicht auf plumpe Effekthascherei, sondern auf sympathisch-schrullige Charaktere, ein hervorragendes Ensemble und ein Drehbuch, das mit pointierten Dialogen, intelligenten Gags und politischer Unkorrektheit gespickt ist. Unbestrittener Höhepunkt der Komödie ist der Schönheitswettbewerb. Da der Großvater seine Enkelin gelehrt hat, dass es wichtiger ist, mutig etwas zu wagen, als unbedingt zu gewinnen, geht das Mädchen völlig unbekümmert an ihren Auftritt heran und wirkt dabei in ihrer Natürlichkeit liebenswerter als die aufgestylten Konkurrentinnen. Frech und einfallsreich prangert
Litte Miss Sunshine gesellschaftlichen Erfolgsdruck und Schönheitswahn an. Der Film weicht von dem oft im Hollywoodkino propagierten sauberen Familienbild ab und räumt auf mit der Lüge von einer heilen Welt. Zugleich erzählt die Komödie von der Schwierigkeit, Verantwortung zu übernehmen, und den Grenzen und Möglichkeiten, individuelle Bedürfnisse in der Familiengemeinschaft auszuleben.
Little Miss Sunshine kann Kindern und Jugendlichen Mut machen, sich selbst zu akzeptieren, und verdeutlicht am Beispiel der Hauptfigur, dass Lebensfreude oder Selbstbewusstsein bedeutend wichtiger sind, als propagierten Schönheitsidealen zu entsprechen. Auch für eine Diskussion über die Aufgaben und Funktionen einer Familie ist
Little Miss Sunshine bestens geeignet.
Autor/in: Margret Köhler, 04.12.2006