Weil Yuris Eltern sich einst als Juden ausgaben, durften sie zusammen mit ihren beiden Kindern von der Ukraine in die USA auswandern. Sie fanden im New Yorker Stadtteil Little Odessa zwar eine neue Bleibe, aber keine Heimat. Denn obwohl ihr Täuschungsmanöver niemals aufflog, konnte die Familie in der von Armut und Gewalt geprägten Umgebung nicht richtig Fuß fassen. Als der inzwischen erwachsene Yuri zufällig einmal zwischen die Fronten rivalisierender Banden gerät und beinahe erschossen wird, beschließt er, gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Waffenhändler zu werden; denn die Erfahrung lehrte ihn , dass Waffen und Munition immer irgendwo benötigt werden. Nach einem bescheidenen Start beginnt das moralisch anrüchige Geschäft zu florieren, als Yuri nach dem Fall des Eisernen Vorhangs durch Bestechung korrupter Militärs Zugang zu russischen Waffenarsenalen erhält und das Kriegsmaterial ungeniert in afrikanische Krisenregionen verkauft. Zugleich ermöglicht ihm die Heirat mit einem ehemaligen Fotomodell eine perfekte Tarnung als seriöser Geschäftsmann. Sein weniger skrupelloser Bruder verfällt unterdessen den Drogen. Selbst als ein FBI-Agent Yuri auf die Spur kommt und ihn zur Rechenschaft ziehen möchte, kann der gewiefte Taktiker seinen Kopf noch aus der Schlinge ziehen.
Der Politthriller von Andrew Niccol beruht auf realen Begebenheiten. Yuri Orlov lässt die in Rückblenden erzählte Geschichte als Ich-Erzähler und Protagonist ganz aus seiner subjektiven Sicht Revue passieren. Durch diesen Kunstgriff kann das Publikum Yuri nicht nur als infamen Waffenhändler ablehnen, sondern ist gezwungen, sich mit dieser Person genauer zu beschäftigen, ihn angesichts seiner humorvollen Kommentare und Reaktionen sogar in gewisser Hinsicht sympathisch zu finden. Das geschieht wohl kaum aus echter Sympathie des Regisseurs für diesen Berufszweig, sondern um die Verlogenheit eines Systems zu demaskieren, in dem einflussreiche Politiker und Wirtschaftsbosse oft nicht anders handeln als ein Waffenhändler. Sie sind teilweise sogar auf Leute wie Orlov angewiesen, wenn es darum geht, selbst eine weiße Weste zu behalten oder für übergeordnete politische Ziele Opfer zu bringen. In seiner politischen Argumentation wirkt der viel zu sehr auf oberflächliche Unterhaltung setzende Thriller dennoch teils langatmig und unpräzise, sowohl was die pauschalisierende Rolle der USA als weltweit größtem Waffenexporteur betrifft als auch in der klischeehaften Darstellung chaotischer afrikanischer Verhältnisse.
Autor/in: Holger Twele, 23.10.2006