Die Einfamilienhäuser haben Spitzdächer mit roten Ziegelsteinen, Vorgärten und einen traumhaften Ausblick auf das Meer vor der Küste Südkoreas. Das deutsch anmutende Dorf Dogil Maeul befindet sich auf der südkoreanischen Insel Namhae und ist zu einer Touristenattraktion geworden. Vor wenigen Jahren sind drei Koreanerinnen, die in den 1970er-Jahren nach Deutschland ausgereist sind, um dort als Krankenschwestern zu arbeiten, mit ihren deutschen Ehemännern in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Nun leben sie dort zwischen deutschen und koreanischen Traditionen, versuchen, sich eine vertraute Umgebung zu schaffen und werden fotografiert, besichtigt und belächelt.
Unterschiedliche Lebenswelten prallen in Sung-Hyung Chos Dokumentarfilm aufeinander. Allerdings ist der Kontrast nicht so augenfällig wie in ihrem Debütfilm
Full Metal Village (Deutschland 2007), in dem jugendliche Heavy-Metal-Fans in einem norddeutschen Dorf auf stoische Bauern treffen. Mit genauen Beobachtungen gelingt der Regisseurin, die selbst südkoreanischer Herkunft ist, ein Film über das Leben zwischen zwei Kulturen und die Suche nach Heimat. Immer etwas länger als notwendig scheint die Kamera zu laufen – und schafft durch diese Ruhe und Geduld ein größeres Vertrauen zwischen den Menschen vor der Kamera und ihrer Interviewpartnerin. Sensibel bewegt sich der Film zwischen Nähe und respektvoller Distanz zu den Protagonisten/innen und schafft einen Sinn für größere Zusammenhänge, indem Interviewpassagen gegen
Totalen des Dorfes und der Küste geschnitten werden.
Endstation der Sehnsüchte rückt die bewegten Lebensgeschichten insbesondere der Frauen in den Mittelpunkt und erzählt von ihrer Suche nach Zugehörigkeit, die niemals aufhört. In Deutschland waren sie integriert, in ihrem ehemaligen Heimatland sind sie nun eine exotische Attraktion, weil sie mit ihren Ehemännern an deutschen Traditionen festhalten. Über das Schicksal der ehemaligen "Gastarbeiterinnen" öffnet der ebenso humorvolle wie ernste Film nicht nur Anknüpfungspunkte an eine Diskussion über Kultur und Identität in Fächern wie Religion oder Ethik, sondern auch zu gegenwärtigen politischen Debatten über die Folgen von Migrationsbewegungen sowie Integrationsprobleme.
Autor/in: Stefan Stiletto, 28.10.2009
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