Es ist nicht einfach, jung zu sein – selbst als Erwachsene erinnern sich viele noch an die Krisen in dieser Zeit. Ihre ersten intensiven Erfahrungen machen Jugendliche nicht nur mit neuen, oft ambivalent erlebten Gefühlen. Auch im Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und Anpassung loten sie ihre Grenzen aus, bis hin zu forcierten Kraftproben mit den Eltern – besonders wenn die eigenen Ziele den Absichten und Plänen der Erwachsenen zuwiderlaufen. Die eigenen Bedürfnisse und Lebensentwürfe sind oft nur gegen den erbitterten Widerstand der Eltern durchzusetzen. Und oft bleibt nur Rebellion als Ausweg, wenn der eigene Handlungsspielraum im familiären und/oder gesellschaftlichen Umfeld so eng gesteckt wird. Manchmal will man es aber nur besser oder einfach anders machen, als die Eltern und die erwachsenen Bezugspersonen. Unterschiedliche Auffassungen der Generationen, die manchmal auch aus dem Widerspruch zu gesellschaftlichen Rollenerwartungen entstehen, bieten ein nahezu unerschöpfliches Reservoir für dramatische Konflikte – im Alltag genau so wie in Filmen, die darüber zu erzählen wissen. Die in diesem Kinofenster vorgestellten Filme gewinnen solchen Konflikten neue Facetten ab, die durch den besonderen gesellschaftlichen Hintergrund oder/und durch die ungewöhnlichen Lebensentwürfe der jugendlichen Protagonisten entstehen: die eine will boxen, der andere Tänzer werden, der eine ist blind, die andere von Gleichaltrigen isoliert. Die Suche nach dem eigenen Weg folgt fast immer den Gesetzmäßigkeiten des Chaos und ist stark vom sozialen Umfeld geprägt. In
Die innere Sicherheit (Christian Petzold) stürzt eine Familie in den Abgrund, als sich die Tochter frisch verliebt, denn die Eltern sind ehemalige Terroristen und leben im Untergrund. In
Girlfight - Auf eigene Faust (Karyn Kusama) wandelt sich ein weiblicher "Underdog" mit hohem Gewaltpotenzial aus den Elendsvierteln von New York zu einem sozial integren Menschen, der über die angestrebte Boxerkarriere traditionelle Rollen- und Berufsbilder negiert und den ultimativen Einsatz des Körpers zur Artikulation eigener Bedürfnisse und Ziele nutzt. Rollenklischees und Körperlichkeit spielen auch in
Billy Elliot - I Will Dance (Stephen Daldry) eine wichtige Rolle, in dem ein Junge aus dem Arbeitermilieu zunächst gegen den Widerstand des Vaters Tänzer werden möchte. Vor der Folie des britischen Bergarbeiterstreiks von 1983 streift der Film auch Fragen nach Toleranz und Solidarität.
Colour of Paradise (Majid Majidi) schließlich setzt sich vor dem Hintergrund der iranischen Gesellschaft mit der Wahrnehmungswelt eines blinden Jungen auseinander, die sich grundsätzlich von der seines Vaters unterscheidet. Im Mittelpunkt dieser Filme stehen jugendliche Lebenswelten aus verschiedenen sozialen Milieus und unterschiedlichen Kulturen, die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und die Auseinandersetzung mit den Eltern. Jugendliche kommen in dieser Ausgabe auch direkt zu Wort. Die beiden neuen Rubriken "Klasse(n)kritik" und "Meine Meinung" bieten ihnen ein offenes Forum für ihre Einschätzung aktueller Filme.