Das Interview führte Margret Köhler.
Sie gehen in Das Zimmer meines Sohnes weg von der leicht melancholischen Komödie zur ergreifenden Tragödie. Woher kommt dieser neue Ton in Ihrem Film?
Die Grundidee hatte ich schon nach
Liebes Tagebuch. Durch die lange Arbeit an dem Projekt kann ich nicht mehr nachvollziehen, inwieweit sich der Film von anderen unterscheidet. Er trägt alle vorherigen Werke in sich, ist aber durch eine andere Gefühlslage gefiltert. Selten war ich gefühlsmäßig so eingebunden, mir hat es in manchen Szenen fast das Herz zerrissen. Außerdem wollte ich die typische Moretti-Figur nicht immer wiederholen und weiterführen, nach zwei tagebuchähnlichen Filmen (
Mein liebes Tagebuch,
Aprile) eine andere Figur darstellen, mich mehr zurücknehmen. Insofern war die Mitarbeit meiner beiden Koautorinnen am Drehbuch wichtig.
Ihr Markenzeichen ist die Ironie. Hier schildern Sie sehr eindrucksvoll den Schmerz und die Trauer eines Menschen, wecken tiefe Gefühle, sogar Tränen beim Zuschauer ...
Mit zunehmendem Alter macht man sich mehr Gedanken über den Tod, empfindet eine irrationale Angst vor dem Unbekannten. Damit wollte ich mich auseinandersetzen, wie auch mit diesem tiefen Schmerz über den Verlust eines nahe stehenden Menschen. Wir verdrängen den Tod und sind völlig hilflos und überrascht, wenn wir mit ihm konfrontiert werden. Die Ironie, die Sie ansprechen, war nicht weniger ernsthaft. Ich bin mir nicht sicher, ob sie zu meinem Charakter gehört oder ob sie mir nur als Instrument zur Selbstverteidigung diente. Fragen Sie mich bitte nicht, ob ich die Ironie ad acta gelegt habe. Das wird die Zukunft zeigen.
Sie behandeln auch die Frage: Was wäre, wenn? Glauben Sie an Vorbestimmung und Schicksal oder liegt es in der Hand des Menschen, was passiert?
Ich erzähle vom grausamsten Aspekt des Schicksals, dem Zufall. Man kann ihn manchmal nur sehr schwer akzeptieren. Im ersten Teil sagt der Psychoanalytiker zu seinem Patienten, wir können nicht über alles bestimmen, im Leben hängt nicht alles von uns ab. Genau dagegen wehrt er sich im zweiten Teil und "entscheidet" sich dafür, die Schuld am Tod des Sohnes auf sich zu nehmen. Er pflegt eine ganz andere Art, mit Schmerz und Tod umzugehen, als seine Frau.
Ihr Film ist trotz aller Traurigkeit auch ein Loblied auf die Familie. Welche Bedeutung hat sie noch in der heutigen Zeit?
Ich habe nicht das ideale Familienmodell im Kopf oder versuche, irgend jemandem meine Vorstellung aufzuzwingen; es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten eines Familienverbands. In meinen Filmen ist die Familie immer präsent, weil sie auch in meinem Leben so wichtig war. Wir haben im Familienkreis immer zusammen gegessen, das sind wichtige Augenblicke der Gemeinsamkeit, die man nicht vergisst.
In Ecce Bombo oder Io sono un Autarchico war Anarchie und Wut zu spüren, Ihr neuer Film strahlt Ruhe aus. Hat Sie die "Altersweisheit" gepackt?
Es geht nicht darum, ob man Lust zum Kämpfen hat oder nicht. Meine Hauptfigur versteht, dass die anderen Menschen nicht so sind, wie man sie haben will. Die Figur, die ich in meinen früheren Filmen verkörperte, hatte einfach den Anspruch, als künstlerischer Leiter das Leben seiner Freunde zu bestimmen.
Tod und Krankheit werden in unserer Gesellschaft verdrängt. Sie zeigen sehr drastisch die Aufbahrung des Toten, das Zunageln des Sarges. Wollten Sie mit dieser eindringlichen Szene den Tod ganz realistisch wieder in unser Bewusstsein bringen?
Ich wollte niemanden an etwas erinnern, aber auch nichts beschönigen. Tod ist eine endgültige Sache, es gibt keinen Himmel oder ein Paradies, wo wir uns noch einmal treffen. Das Thema liegt mir jetzt näher als vor 20 Jahren. Vielleicht weil ich auch schon geliebte Menschen verloren habe oder durch meine Krankheit die Sensibilität für das Sujet zugenommen hat. Und in meiner Eigenschaft als Vater habe ich natürlich Ängste, dass meinem Kind etwas passieren könnte. In einer Diskussion wurde ich auf eben diese Szene angesprochen. Jemand sagte, der Film komme ihm wie aus dem Leben gegriffen vor. Das hätte mich früher geärgert, weil man sich als Regisseur jede Einstellung, jede Schnittfolge akribisch ausdenkt. Heute empfinde ich diese Bemerkung als Kompliment.