Wie kein anderes weltpolitisches Ereignis der letzten Jahre hat sich der 11. September 2001 in unser kollektives Gedächtnis eingegraben. Nicht nur für den "Westen" markiert das Datum eine historische Zäsur, deren politische, kulturelle und letztlich auch private Dimension noch immer schwer abzuschätzen sind. An diesem Tag musste die Welt verstehen lernen, dass der Internationale Terrorismus etwas ist, was alle angeht. Auch Deutschland zählt zu dem globalen Gefahrenraum, der vom Terrorismus bedroht wird. Das bestätigte sich jetzt auf erschreckende Weise erneut, als am 5. September 2007 in einer der größten Polizeiaktionen der Nachkriegsgeschichte drei islamistische Terrorverdächtige festgenommen wurde. Zwei von ihnen waren gebürtige Deutsche, die in Pakistan ihr tödliches Handwerk erlernt hatten, um in ihrem Heimatland Bomben mit großer Sprengkraft zu zünden. Der Terror ist längst zu einem Phänomen geworden, das nationalstaatliche Grenzen überwindet.
Sechs Jahre ist es her, dass zwei von islamistischen Terroristen entführte Passagierflugzeuge die Zwillingstürme des World Trade Center zum Einstürzen brachten. Seither sind auch die Medien um Einordnung dieser Ereignisse bemüht. Dass sich das Kino, das seine Themen häufig aus menschlichen Dramen und Katastrophen bezieht, bislang nur zögerlich dieses "Stoffes" annahm, liegt sicherlich auch an der Tragweite der Tragödie und dem Ausmaß der Traumatisierung, die sie für die Betroffenen bedeutete. Gerade in den USA galt das Thema im Spielfilmbereich wohl deshalb lange Zeit als unverfilmbar und tabu. Seit etwa zwei Jahren allerdings wagt sich auch die US-amerikanische Filmindustrie verstärkt an die fiktionale Aufarbeitung.
In seiner Septemberausgabe stellt kinofenster.de drei aktuelle Filme vor, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit den Terroranschlägen auseinandersetzen. Die US-amerikanische Produktion
Die Liebe in mir von Mike Binder erzählt die berührende Geschichte eines traumatisierten Mannes, der seine Frau und seine drei Töchter infolge der Anschläge verlor.
Anhand eines Einzelschicksals versucht der Film, die noch immer nachwirkenden seelischen Verletzungen aufzuzeichnen.
Die Liebe in mir präsentiert sich als handwerklich gelungenes Betroffenheitskino, das auf die Empathie des Publikums setzt. In dem deutschen Film
Folgeschäden wiederum macht Regisseur Samir Nasr die Politik im Privaten sichtbar und reflektiert anhand einer Liebesgeschichte, wie sich das Leben für viele Menschen arabischer Herkunft in Deutschland seit den Anschlägen verändert hat. Zudem zeichnet Nasr ein sensibles Stimmungsbild einer verunsicherten Nation, in der die Angst vor Terrorattacken eine verschärfte politische Wachsamkeit erfordert und auch im Alltag unterschwellig ständig präsent ist.
Ein mutiger Weg, eine US-amerikanische Produktion des britischen Regisseurs Michael Winterbottom, basiert auf den persönlichen Erlebnissen der französischen Journalistin Mariane Pearl, deren Ehemann Daniel 2002 in Karachi von islamistischen Extremisten entführt und ermordet wurde.
Der dokumentarisch anmutende Thriller vermeidet simple Schuldzuweisungen und entlässt sein Publikum trotz der Tragik der Ereignisse am Ende mit einem Hoffnungsschimmer. Geiselnahme, Traumatisierung und Misstrauen gegenüber Muslimen – die filmische Krisenbewältigung hat viele Perspektiven. Gemeinsam ist den benannten Spielfilmen, dass sie nicht den Anschlag selber zum Thema haben. Die vielleicht erwartete Fiktionalisierung der Katastrophe, die spektakuläre Inszenierung des Unfassbaren, ist auch im sechsten Jahr nach dem 11. September 2001 ausgeblieben. Stattdessen wagt das Kino den Versuch, in Geschichten und Bildern die Folgen eines Ereignisses zu erfassen, das noch lange seine Schatten auf unser Leben werfen wird.