Der Bauzeichner Roman kümmert sich nach der Arbeit in Köln pflichtbewusst und selbstlos um seine vereinsamte Großmutter. Als der Karneval die Stadt erfasst, sieht der introvertierte junge Mann dem wilden Treiben distanziert zu. Auf einer Party zur Altweiberfastnacht lernt er, gelockert vom Alkohol, die hübsche Stella kennen und verbringt die Nacht mit ihr. Am nächsten Morgen ist sie verschwunden. Bei der Suche nach ihr begegnet er nicht nur schrulligen Karnevalisten und kuriosen Ordnungshütern, sondern findet auch die Leiche eines jungen Taschendiebs, an dessen Tod er sich mitschuldig fühlt. Inmitten des karnevalistischen Treibens gerät Roman in eine innere Krise, die sich zur wahnhaften Psychose steigert. Als seine Großmutter in seinen Armen stirbt, erfüllt er ihr den letzten Wunsch, den Rosenmontagszug zu sehen, und schiebt sie im Rollstuhl zu sich ins Büro. – Dass das närrische Treiben für Nicht-Rheinländer wie ein systematisch organisierter Irrsinn anmutet, versteht der aus dem bayerischen Freising stammende Regisseur Tom Schreiber in seinem Debütfilm überzeugend zu vermitteln. Sein subtil inszeniertes Psychogramm wartet mit präzisen Beobachtungen des Milieus auf, verfremdet sie aber auch durch surrealistisch anmutende Szenerien und hinterfragt beiläufig die gesellschaftlich sanktionierten Alkohol-Exzesse samt hässlicher Begleiterscheinungen in der so genannten fünften Jahreszeit. Auch wenn die psychologische Desorientierung des Protagonisten nicht ganz schlüssig aus seiner akuten Erfahrungswelt hergeleitet ist, verweist dessen partieller Verlust der Wirklichkeitswahrnehmung doch auf den sozialen Ausnahmezustand, den sich die Kölner "Ureinwohner" an den närrischen Tagen genehmigen. Der melancholisch gefärbte Blick Romans wird in Narren , der als Beitrag der WDR-Nachwuchsreihe "Radikal digital" entstand, durch die häufig eingesetzte digitale Handkamera angemessen unterstützt.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.2003