Rom in den 1960er-Jahren: Der berühmte und erfolgreiche Regisseur Guido Contini gerät in eine schwere Lebens- und Schaffenskrise. Ihm fehlt die Inspiration für seinen neuen Film, aber sein Produzent sitzt ihm im Nacken. Contini flieht ans Meer, wo er Ruhe und Erholung zu finden erhofft. Aber die Gedanken kreisen um die Frauen in seinem Leben: Seine Ehefrau Luisa, seine Geliebte Carla, seine Muse Claudia und noch einige mehr. Bald taucht eine nach der anderen sowie das komplette Filmteam in dem kleinen, malerischen Zufluchtsort auf.
Das von Regisseur Rob Marshall verfilmte, gleichnamige Broadway-Musical beruht auf dem autobiografischen Film
8 ½ (Italien, Frankreich 1963) von Federico Fellini, auf den manche Szenen – beispielsweise eine Kindheitserinnerung an die Prostituierte La Saranghina in
Schwarzweiß – unmittelbar referieren. Die zahlreichen Tanz- und Gesangseinlagen, einer Nummernrevue entsprechend meist als Bühnenauftritte inszeniert, sind elegant und fließend mit der Handlung verbunden. Sie nehmen in der Dramaturgie des Films eine zentrale Rolle ein und stehen einmal für Guidos oftmals erotisch aufgeladene Träume und Fantasien. Zudem sind die Songs eigenständige Statements und Ausdrucksmittel der verschiedenen Frauen in seinem Leben – Ehefrau, Geliebte, Muse, Freundin, Hure. Der videoclipartige, schnelle
Schnitt sorgt für eine besondere, bisweilen übertriebene Dynamik innerhalb dieser Szenen.
Ausgehend von den hervorragend dargestellten Frauenfiguren lassen sich im Unterricht weibliche Rollenklischees auch im Hinblick darauf diskutieren, inwiefern sie in den Songs ironisch gebrochen werden. Darüber hinaus bietet sich natürlich ein Vergleich von Fellinis fantastischer Tragikomödie
8 ½ mit Marshalls Musical-Adaption an: Welche Motive und Stilmittel haben beide Filme gemeinsam, in welchen unterscheiden sie sich? Der unterschiedliche dramaturgische Aufbau von Musicalfilm und Spielfilm könnte ein Ansatz sein, auch eine nähere Betrachtung des Genres Musicalfilm, seine Entwicklungen und zeitgenössischen Tendenzen wären sicherlich interessant. Fellini hatte das Drehbuch für seinen Film, zu dem das Musical inhaltlich fast deckungsgleich ist, selbstreflexiv über seine eigene Lebens- und Schaffenskrise geschrieben. Darüber hinaus ist es eine Geschichte über das Filmemachen im Allgemeinen und sie begreift das persönliche Scheitern der Hauptfigur als Chance für einen Neuanfang und als Quelle der Inspiration und der Kreativität.
Autor/in: Stefanie Zobl, 24.02.2010
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