Alle Ausländer/innen, die dauerhaft in Deutschland leben wollen, können durch das deutsche Zuwanderungsgesetz zum Besuch eines Integrationskurses verpflichtet werden. Dieser Dokumentarfilm begleitet die Teilnehmenden eines solchen Kurses an einer Berliner Volkshochschule zehn Monate lang – im Unterricht und im Alltag. Auf dem Lehrplan steht nicht nur Sprachunterricht, sondern auch ein sehr viel komplexeres Lernziel: Integration. Die abschließende Prüfung ist für viele Teilnehmer/innen von existentieller Bedeutung, denn es geht um die Möglichkeit, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Werden Sie Deutscher lädt zu einem Perspektivwechsel ein. Wie fühlt es sich an, vor einer Prüfung zu stehen, von der die Zukunft abhängt? Gleichzeitig sind die Zuschauenden aufgefordert, die eigene nationale und persönliche Identität neu in den Blick zu nehmen: Denn im Zentrum des Films steht auch eine Frage, auf die es unzählige unterschiedliche Antworten gibt: Was ist eigentlich typisch deutsch?
Werden Sie Deutscher beschreibt den bürokratisch festgeschriebenen Weg, den alle Ausländer/innen, die legal in Deutschland leben möchten, gehen müssen. Dabei bleibt der Film stets auf Augenhöhe mit den Protagonisten/innen.
Nahaufnahmen versinnbildlichen die Stimmungen der Kursteilnehmenden: Fragende Gesichter, Hände, die in Wörterbüchern blättern und manchmal auch ein unterdrücktes Grinsen. Der gelungene
Schnitt offenbart durch den geschickten Einsatz des
Schuss/-Gegenschussprinzips einen feinen Humor. Die "sprechende" Montage ermöglicht es, auf einen Kommentar aus dem Off zu verzichten. So können und müssen die Zuschauenden Zusammenhänge selbst herstellen. Dieses "mündige" Sehen nimmt kein Urteil vorweg und lässt bewusst Platz für die eigene Einschätzung des Gesehenen. Die Szenen im Klassenraum werden ergänzt durch Beobachtungen im Privaten, direkte Interviews mit den Mitwirkenden sowie durch Momente, in denen die Kamera "draußen bleiben" muss, beispielsweise bei Anhörungen in der Ausländerbehörde.
Mit der Analyse von
Werden Sie Deutscher lassen sich verbreitete, auch negativ kodierte, Stereotype über Migration und Integration diskutieren und hinterfragen. Ausgehend von der unausgesprochenen Leitfrage "Was ist eigentlich typisch deutsch" dokumentiert der Film Situationen und pädagogische Versuchsanordnungen des Integrationskurses, die die Schüler/innen selbst auch im Sozial- und Gemeinschaftskundeunterricht ausprobieren und vergleichen können. Im Religions- oder Ethikunterricht bietet die Frage, inwiefern die dargestellten Konflikte auch durch die unterschiedlichen religiösen Überzeugungen der Teilnehmenden zustande kommen, fruchtbaren Gesprächsstoff. Im Bereich der politischen Bildung schließlich kann anhand von
Werden Sie Deutscher diskutiert werden, welche Bedeutung eine Maßnahme wie der Deutschtest für integrationswillige Zuwanderer/innen haben kann.
Autor/in: Luc-Carolin Ziemann, 09.04.2013
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