Deutschland im 18. Jahrhundert. Ferdinand von Walther und Luise Miller lieben sich bedingungslos – doch ihre Beziehung ist standeswidrig. Ferdinands despotischer Vater, der Präsident, lehnt die Bindung des Sohnes an eine Bürgerliche vehement ab, stattdessen soll er um die Hand der Mätresse des Herzogs anhalten. Luises bürgerlicher Vater, der Stadtmusiker, glaubt nicht an dauerhafte Absichten des jungen Grafen und hat Angst um Ehre und Reputation seiner einzigen Tochter. Gemeinsam mit seinem Sekretär Wurm spinnt der Präsident Intrigen, die das Vertrauen von Ferdinand und Luise zu Argwohn werden lassen und letztendlich ihren Tod herbeiführen.
Der Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann (
Sonnenallee,1999;
Herr Lehmann,2003) hat Friedrich Schillers bürgerliches Trauerspiel, das die Willkür und Tyrannei höfischer Macht anklagt, filmisch stimmig adaptiert. Besonders überzeugen die Wahl der Darsteller/innen und ihre offensichtliche Spielfreude. Haußmann überträgt das Trauerspiel (Uraufführung 1784 in Frankfurt/Main) nicht in heutige Lebenswelten, sondern wählt ein historisches Ambiente. Sein Film wurde in Österreich und Tschechien gedreht, Ausstattung und Szenenbild bewirken eine adäquate Atmosphäre, die insbesondere auch durch die starken Hell-Dunkel-Kontraste in der Lichtsetzung profitiert, und wenig kulissenhaft wirkt. In der Titelsequenz tastet sich die Kamera behutsam in einer einzigen langen Bewegung durch Luises Zimmer, über Bücher, Blumen, herumliegende Kleidungsstücke bis zum Liebespaar im Bett. Die Kameraarbeit bleibt zurückhaltend, expressive oder ungewöhnliche Perspektiven sind selten; im Vordergrund steht unübersehbar das Spiel. Der Schillerschen Sprache versuchten Haußmann und sein Co-Autor Boris Naujoks bei der Drehbuchentwicklung weitgehend treu zu bleiben. Neben Textkürzungen gegenüber der dramatischen Vorlage arbeiten sie vor allem auch mit zahlreichen Umstellungen und Neukombinierungen von Szenen.
Autor/in: Andrea Wienen, 21.10.2006