„Die Lachse auszurotten, nur damit dein iPod jederzeit an sein kann“ – so äußert der Ökoaktivist Josh seine Verbitterung über das mangelnde Umweltbewusstsein von Gesellschaft und Politik. Auch seinen Einsatz im landwirtschaftlichen Kollektiv in den Wäldern von Oregon hält er für nicht mehr ausreichend. Er hofft, mit einer radikalen Aktion die Menschen aufrütteln zu können und so plant er gemeinsam mit seiner Freundin Dena und dem Kriegsveteranen Harmon die Sprengung eines Staudamms. Der Anschlag gelingt, aber der terroristische Akt kostet das Leben eines unschuldigen Opfers. Nun kämpft das Trio mit den Konsequenzen seines Handelns.
Night Moves ist kein Actionfilm über Ökoterrorismus, sondern ein Drama, das seine Figuren in den Mittelpunkt stellt und den individuellen Umgang mit ihrer Schuld beleuchtet. Die Regisseurin Kelly Reichardt, Vertreterin des US-amerikanischen Independentkinos, studiert wie schon in
Wendy & Lucy und
Meek’s Cutoff ihre Charaktere in Ausnahmesituationen. Aus der Frage nach Schuld und Sühne entwickelt sich in der zweiten Hälfte des Films ein Psychothriller, der mit Hitchcock-ähnlichen
Suspense-Szenen aufwartet. Unterstützt wird der Spannungsaufbau durch den
Sound, der auch den leisen Tönen, etwa dem schnellen Atem während der nervenzerreißenden Anschlagssequenz, Raum gibt. Auch die
Kameraarbeit evoziert Spannung, immer wieder sieht man die Gesichter der Protagonisten in
Nahaufnahme. Dem gegenüber stehen Landschaftsaufnahmen in der
Supertotalen. In langsamen
Schwenks und dokumentarisch anmutenden Einstellungen zeigt Reichardt die Natur, für deren Erhalt die drei Ökoaktivisten kämpfen.
Night Moves, Trailer (© MFA+)
Kelly Reichardt maßt sich kein Urteil über ihre Figuren an, deshalb bietet ihr Film eine gute Grundlage für eine Diskussion über moralische Fragen des Ökoaktivismus. Das Trio kämpft für die gute Sache, doch rechtfertigt der Zweck die Mittel? Kann Terrorismus überhaupt legitim sein? Kelly Reichardt hat sich in den letzten Jahren einen Namen als Regisseurin gemacht, die einen anderen Blick auf Amerika wagt. Inwiefern ist
Night Moves also als politischer Film zu verstehen? Zusätzlich wäre es interessant, sich mit der Arbeitsweise Reichardts zu beschäftigen, die es trotz geringen Budgets schafft, bekannte Schauspieler für ihre Filme zu engagieren. Was könnten Schauspieler an ihrer Arbeitsweise schätzen? Darüber hinaus lohnt sich eine Auseinandersetzung mit der Rolle von Regisseurinnen in der amerikanischen Filmindustrie.
Autor/in: Marie Schreier, 14.08.2014
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