Über Jahrhunderte hinweg wurde der afrikanische Kontinent von Europa und der "Neuen Welt" ausgebeutet und die Bevölkerung als Sklaven/innen in aller Herren Länder verschleppt. Die Sklaverei ist zwar längst abgeschafft, dennoch sind die Folgen der Kolonialzeit nicht nur in Afrika selbst bis in die Gegenwart spürbar. In den USA kommt es wiederholt zu Rassenkonflikten. Wie sehr Farbige und Weiße zumindest in den Köpfen immer noch ungleichwertig beurteilt werden, zeigte ganz aktuell der Wirbelsturm, der im Sommer 2005 New Orleans verwüstete und vorwiegend die dort lebende afroamerikanische Bevölkerung traf. Aus der Presse konnte man entnehmen, dass die Hilfsmaßnahmen der USA auch wegen dieses Umstands nur sehr schleppend angelaufen sind. In Afrika dauerte der Kampf um die politische Unabhängigkeit in vielen Staaten bis in die 1960er-Jahre. Das geschah etwa zu derselben Zeit, als in den USA die schwarze Bürgerrechtsbewegung erstarkte und erste große Erfolge verbuchen konnte. Eine unrühmliche Ausnahme bildete Südafrika, das aufgrund der rigiden Apartheidpolitik erst 1994 die faktische Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung einführte. Trotz deutlicher Fortschritte befinden sich bis heute viele afrikanische Staaten in der Schuldenfalle. Nicht immer diente auch die Entwicklungspolitik der westlichen Industrienationen der Förderung der afrikanischen Länder, sondern versickerte in dubiosen Schlupflöchern oder verhinderte den Mut zur Eigeninitiative. Im Zeichen der Globalisierung öffnen sich neue Abgründe, die zur Ausbeutung des Kontinents beitragen.
Die Kinofenster-Doppelausgabe möchte anhand von zwei beziehungsweise drei aktuellen Filmen historische Entwicklungen in Erinnerung rufen, Parallelen aufzeigen und der Frage nachgehen, was Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" in Bezug auf das Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen bedeuten. Dabei spielt immer auch die Frage eine Rolle, ob die Schwarzen und die Weißen ihre Realität aus ganz unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen und beurteilen und wie sich diese Perspektiven bereits in den einzelnen Filmen niederschlagen.
Manderlay spielt 1933 im US-Bundesstaat Alabama. 70 Jahre, nachdem die Sklaverei in den USA offiziell abgeschafft worden ist, und 30 Jahre, bevor Martin Luther King in Washington seinen Traum von der faktischen Gleichberechtigung zwischen Schwarzen und Weißen proklamierte. Im zweiten Teil seiner Trilogie über die USA lässt der dänische Regisseur Lars von Trier seine Protagonistin Grace an den Ort Manderlay reisen, wo die schwarzen Arbeiter/innen noch so leben, als hätte es die Abschaffung der Sklaverei nie gegeben. Grace möchte die Ungerechtigkeiten der weißen Rasse an den Schwarzen wiedergutmachen und sie vom Joch der Abhängigkeit befreien, doch diese scheinen dazu offenbar noch nicht bereit.
Drum von Zola Maseko spielt 1951 in Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes der Buren, die eine auf Diskriminierung beruhende Segregationspolitik betrieben. Sie fand erst 1994 nach einem langen Befreiungskampf der Schwarzen und nach vielen Tausend Toten ihr Ende. Der Film erzählt die wahre Geschichte des Südafrikaners Henry Nxumalo, einem bekannten Sportreporter für "Drum", das damals wichtigste Lifestyle-Magazin Afrikas, das unter britischer Leitung herausgebracht wurde. Als sich Nxumalo immer mehr politischen Themen zuwendet und zusammen mit dem deutschen Fotografen Jürgen Schadeberg die Ungerechtigkeiten des Apartheidregimes wie die Ausbeutung, Unterdrückung und Demütigung der Schwarzen öffentlich anprangert, gerät er in Lebensgefahr. Als Ergänzung zur Doppelausgabe wird auch die neue Produktion
Der ewige Gärtner des brasilianischen Filmemachers Fernando Meirelles besprochen. Die Adaption des gleichnamigen Romans von John le Carré spielt in der Gegenwart und verdeutlicht vor dem Hintergrund einer Love-Story mit den Mitteln eines Politthrillers die Praktiken internationaler Pharmakonzerne, neue Medikamente an der schwarzen Bevölkerung in Afrika auszuprobieren und dafür auch Tote bewusst in Kauf zu nehmen. Als die junge Frau eines britischen Diplomaten den Skandal öffentlich macht, bezahlt sie ihr Engagement mit dem Leben. Ihr bisher sehr unpolitisch agierender Mann recherchiert daraufhin auf eigene Faust unter anderem in Berlin, wer seine Frau auf dem Gewissen hat. Eine afrikanische Geschichte also, die zeigt, wie der Westen auch nach Ende der Kolonialzeit den afrikanischen Kontinent als Laboratorium missbraucht und ausbeutet.