Schon als Kind hat Tobi Schnitzeljagden geliebt, vor allem jene, die sich seine Nachbarin Frau Vogelsang für ihn und seine beste Freundin Marina ausgedacht hat. Seither sind Tobi und Marina erwachsen geworden und haben sich aus den Augen verloren. Doch dann kommt eines Tages ein Paket mit einer geheimnisvollen alten Holzkiste und einer Botschaft bei Tobi an. Die inzwischen verstorbene Frau Vogelsang hat sich ein letztes Rätsel ausgedacht: Tobi soll einen Schatz finden, der "unsichtbar in uns, um uns, überall um uns herum" ist. Sofort ist sein Interesse geweckt. Um die alte Truhe zu öffnen und an weitere Hinweise zu kommen, braucht Tobi jedoch einen Schlüssel. Und den hat offenbar Marina bei sich, die gerade die Welt umsegelt.
Von der Mongolei in den brasilianischen Regenwald
Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen nutzt die Schnitzeljagd als erzählerischen Rahmen für eine Reise, die Tobi und Marina zuerst in Vietnam wieder vereint und die beiden Kindheitsfreund/-innen schließlich über die Mongolei bis nach Brasilien führt. Dabei werden die einzelnen Stationen stets durch Einblicke in andere Lebenswelten und interessante dokumentarische Beobachtungen geprägt. In Vietnam klettert Tobi hinab in die Hang Sơn-Đoòng-Höhle, die als größte Höhle der Welt gilt. Dort entdeckt er auch einen Miniaturdschungel, der sich knapp 200 Meter unter der Erdoberfläche entwickelt hat. Weitere Hinweise lotsen Marina und Tobi danach nach Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei, die im Winter die Stadt mit der größten Luftverschmutzung weltweit ist, weil in vielen Jurten und Häusern mit Kohle geheizt wird. Rein und klar wiederum ist die Luft in der Wüste Gobi, wo kaum Menschen leben und die Straßen nur aus Schotterpisten bestehen. In Brasilien schließlich besuchen Marina und Tobi das indigene Volk der Jupaú, das am Ufer des Rio Jamari im Bundesstaat Rondônia lebt und durch die Zerstörung des Regenwalds seiner unmittelbaren Lebensgrundlagen beraubt wird.
Ökologische Themen leicht erklärt
Zunächst wirken die Begegnungen und Beobachtungen während der einzelnen Stationen beliebig. Doch nach und nach schälen sich Kernthemen heraus: Immer wieder geht es um das Verhältnis von Mensch und Umwelt, um Umweltverschmutzung und -zerstörung, aber auch um die Schönheit der unberührten Natur. War es im ersten Checker-Tobi-Kinofilm Checker Tobi und das Geheimnis unseres Planeten (Martin Tischner, DE 2019) noch das Wasser, um das sich alles drehte, so ist es dieses Mal die Luft, die "unsichtbare Superkraft", ohne die es keine Chance auf Leben gibt.
Wie die beliebte KiKA-Infotainment-Serie lebt auch der Film von der Neugier und der ansteckenden Begeisterung des Moderators/Schauspielers Tobi Krell als Checker Tobi. Authentisch und ohne belehrend zu wirken lässt er das junge Publikum an seiner Reise und seinen Entdeckungen teilhaben. Tobi Krell findet kindgerechte Fragen an die Expert/-innen, die er im Laufe seiner Reise trifft, und erklärt im Bild oder als Erzähler auch schwierige Themen so, dass sie für Kinder verständlich werden. Auch für Selbstkritik bleibt dabei Raum: Wenn Tobi und Marina inmitten eines gerodeten Gebiets im Regenwald stehen, dann ist diese Szene nicht nur visuell eindringlich. Nachhaltig im Gedächtnis bleibt, wie im Gespräch eine Verbindung zwischen persönlichem Konsumverhalten und den Auswirkungen auf den Regenwald hergestellt wird.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Film ohne kindliche Protagonist/-innen vor der Kamera auskommt. Die Reise bewegt sich in einer Welt erwachsener Identifikationsfiguren und unterscheidet sich dadurch von ähnlichen Filmen wie etwa Willi und die Wunderkröte (Markus Dietrich, DE 2021). Dass Tobi und Marina im Laufe ihrer Reise nahezu überall auf der Welt auf Deutsch sprechende Verbündete treffen, hat zwar den angenehmen Effekt, oft auf einen Voiceover-Kommentar oder eine Untertitelung verzichten zu können. Andererseits aber wird die Vielfalt der Welt durch diesen dramaturgischen Kniff künstlich verengt und kulturelle Besonderheiten werden eingeebnet.
Doku-Fiction zwischen Unterhaltung und Wissenschaft
Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen beeindruckt durch seine Bilder. Durch Schauplätze wie die Hang Sơn-Đoòng-Höhle, die weite mongolische Steppe oder das Amazonasgebiet ruft der Film Staunen beim Publikum hervor, während die weiten Kameraeinstellungen und Vogelperspektiven immer wieder verdeutlichen, welche Rolle der Mensch inmitten der Natur spielt. Höchst unterhaltsam ist der Film wiederum, weil sich der Drehbuchautor und Regisseur Johannes Honsell wie schon der erste Checker-Tobi-Kinofilm für eine Mischung aus Dokumentation und Fiktion entschieden hat – ein Mix, der es jüngeren Zuschauer/-innen allerdings auch nicht leicht macht, immer treffsicher zwischen Wahrheit und Erfindung unterscheiden zu können. Tobis Ausflug ins All zu Beginn entpuppt sich noch recht schnell als abenteuerlicher Traum. Die Freundschaft zwischen ihm und der Schauspielerin Marina M. Blanke hingegen ist frei erfunden – wie auch die gesamte Schnitzeljagd einem dramaturgischen Kalkül folgt.
Über die globale Bedeutung der Freundschaft
An Relevanz jedoch verliert Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen dadurch nicht. Eindringlich appelliert er daran, sich gemeinsam für den Schutz der natürlichen Umwelt einzusetzen und Zusammenhänge zwischen menschlichem Handeln und Umweltschädigungen zu verstehen. Und schließlich haben auch die Spielszenen Substanz: Sie erzählen von der Bedeutung der Freundschaft – und indirekt davon, dass die Bewahrung der Umwelt weder die Aufgabe eines/einer Einzelnen noch einer einzigen Generation ist, sondern vielleicht die wichtigste Gemeinschaftsaufgabe unserer Zeit.
Autor/in: Stefan Stiletto, Medienpädagoge mit Schwerpunkt Filmkompetenz und Filmbildung, 05.10.2023