Inhalt
Der junge Gerüstbauer Richie und seine Freunde sind passionierte Parkourläufer. In ihrer Freizeit suchen sie sich immer größere Hindernisse: Sie überwinden Mauern, Häuserdächer und Bauruinen. In Richies Privatleben dagegen scheinen sich plötzlich unüberwindbare Hin-dernisse aufzutürmen: Seine Freundin Hannah macht Abitur, sie will Architektin werden. Richie befürchtet eine Entfremdung zwischen ihnen. Eifersüchtig beginnt er, sie auf Schritt und Tritt zu überwachen. Schließlich verdächtigt er sogar seine Freunde, ihn mit Hannah zu hintergehen. Auch in seiner kleinen Firma steht er unter enormen Druck, denn die Aufträge bleiben aus. Als dann noch ein mysteriöser Unfall passiert, bei dem sein Mitarbeiter fast zu Tode kommt, verliert Richie vollkommen die Kontrolle über sein Leben.
Umsetzung
Die Aufnahmen der fliegenden Körper im Sonnenuntergang und vor urbanen Silhouetten, sowie die schnellen, stakkatoartigen Schnitte in Kombination mit lauter Musik verleihen dem Film zunächst die Ästhetik eines Werbe- oder Videoclips und stellen Körperlichkeit und Jugendlichkeit in den Mittelpunkt. Dann kommt jedoch eine untergründige, nicht greifbare Bedrohung und Düsterheit hinzu. Nach und nach lassen sich diese Anzeichen als Teil der subjektiven Wahrnehmung Richies identifizieren. Anstelle seiner Vitalität rückt immer mehr seine Verletzlichkeit und Verwirrung ins Zentrum. Besonders hervorzuheben ist das Drehbuch, dem es auf raffinierte Weise gelingt, den Zuschauer unbemerkt in die realitäts-ferne Perspektive Richies hineinzuziehen. Lange Zeit hält der Zuschauer diese Perspektive für die objektive Realität. Zum Schluss erlebt er dann eine große Überraschung.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Männlichkeits- und Konkurrenzdenken, Coolness, Aggressivität, keine Schwäche zeigen dürfen - all dies prägt Richies Verhalten und ersetzt immer mehr den Aspekt der Sportlich-keit, den er mit Parkourlaufen ursprünglich verbunden hat. Je größer seine innere Unsicherheit wird und je mehr ihm die Dinge aus den Händen gleiten, desto riskanter werden seine sportlichen Wagnisse. Es wird für die Zuschauer deutlich, dass er sich für das Leben stählen will und dabei immer unsensibler wird. Der Film kann jugendlichen Zuschauern, besonders den männlichen unter ihnen, dazu dienen, die gesellschaftlichen, aber auch die eigenen Vorstellungen von Stärke und Männlichkeit zu hinterfragen und außerdem über die Faszination für Extremsportarten zu reflektieren. Es geht auch um die Themen Loyalität und Misstrauen in Freundschaften und in Partnerschaften und darum, mit den eigenen Grenzen umgehen zu lernen. Die plötzliche Wendung des Films offenbart viel über das Krankheitsbild der Schizophrenie und bringt seinen Zuschauern auf drastische Weise nahe, welche Tragik für einen Betroffenen und sein Umfeld mit der Diagnose verbunden ist. Die Auseinandersetzung mit der Thematik passt in eine aktuell in der Öffentlichkeit geführte Diskussion über die häufige Tabuisierung von psychischen Erkrankungen, speziell Depressionen, und welche Auswirkungen dies auf die Gesellschaft und die einzelnen Betroffenen hat.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Lisa Gadatsch, 28.08.2010, Vision Kino 2010.