Es ist heiß und langweilig im Berliner Corona-Sommer 2020. Die Schule ist geschlossen, es gelten Kontaktbeschränkungen und selbst der Zoo hat zu. Lika und ihre kleine Schwester müssen sich die Zeit in ihrem Kinderzimmer vertreiben. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn die eine für sich, die andere aber nicht allein sein möchte. Kein Wunder, dass es zwischen den beiden zu Reibereien kommt. Und dann hat die Kleine auch noch ihr Kuscheltier, den Pinguin Pomito, im Klassenzimmer vergessen. Wie es ihm wohl geht? Spielt er gerade Marimba? Oder Basketball? Bestimmt ist ihm auch viel zu heiß. Gemeinsam denken sich die Schwestern aus, welche Abenteuer Pomito erlebt, während sie zu Hause bleiben – und erträumen sich so einen Weg aus der Enge ihres Kinderzimmers.
Der Kinderfilm
Stadtpinguin ist im Rahmen des Kurzfilmwettbewerbs „Europa im Film“ der Deutschen Filmakademie und des Auswärtigen Amts entstanden, der nach den Perspektiven junger Filmschaffender auf unseren Kontinent fragt. Regisseurin Florinda Frisardi erzählt mit einfachen Mitteln, aber fantasievoll, von der ungewohnten Situation, in der sich Kinder im Jahr 2020 in vielen europäischen Ländern und weltweit plötzlich wiedergefunden haben. Der Fokus auf die Schwestern und die
Nähe der Kamera machen die Identifikation mit den Figuren für die zuschauenden Kinder dabei besonders leicht. Erwachsene bleiben in dieser Geschichte stumm. Ruhige, nur selten
bewegte Einstellungen und ein langsamer
Schnittrhythmus dehnen die Zeit. Bilder menschenleerer Orte verbreiten eine melancholische Stimmung. Mehrfach erscheint die Einstellung eines Spielzeugflugzeugs, und wiederholt vermittelt der
Kamerablick durch das Fenster die Sehnsucht der Kinder nach der Außenwelt. Pomitos Abenteuer inszeniert der Film etwas lebhafter, auch wenn das Erzähltempo weiterhin langsam bleibt. Die
Szenen reihen sich assoziativ aneinander wie die Gedanken der Schwestern im Kinderzimmer. Hier rückt der
Ton in den Vordergrund: Die Geräusche, wie das Rauschen der Blätter im Garten oder ein hüpfender Ball, aber auch eine leise
musikalische Untermalung, grenzen diese Szenen deutlich von der Realitätsebene ab. Nur zum Teil wird in der Fantasieerzählung gesprochen, überwiegend erschließt sie sich aus Bildern und Geräuschen. Pomito ist zwar ein unbewegliches Stofftier, wird aber, da ihn die Kamera an
wechselnden Schauplätzen einfängt, dennoch zum lebendigen Stellvertreter für die Hoffnungen und Wünsche der Kinder.
Stadtpinguin, Trailer (© DFFB)
Der Film eignet sich mit seiner aktuellen Thematik und der kindgerechten Erzählweise besonders für die Filmarbeit mit Grundschüler/-innen. Er bietet Anlass für ein Gespräch über Erfahrungen der Kinder mit den Restriktionen, die Lockdown und Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie nach sich ziehen. Dabei kann es um Gefühle wie die Sehnsucht nach Interaktion und Zugehörigkeit, aber auch nach Rückzug gehen – sowohl in Bezug auf die Familie wie auch auf Freundschaften. In Hinblick auf Pomitos „Begegnung“ mit dem italienischen Geschwisterpaar am Ende des Films kann gefragt werden: Wie geht es Kindern in anderen Ländern eigentlich ? Anhand der klaren filmischen Strukturierung lässt sich zudem gut untersuchen, mit welchen Mitteln audiovisuelle Geschichten erzählt werden können und wie sie besonders lebendig wirken oder auch der Eindruck von Stillstand vermittelt werden kann.
Autor/in: Hanna Schneider, 10.12.2020
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