Als geiziger Einzelgänger herrscht Ebenezer Scrooge über sein Geldkontor. Er verachtet die Menschen und ganz besonders Weihnachten. Doch Charles Dickens, Schöpfer dieses finsteren Alten, erlaubt ihm die Läuterung zum Wohltäter. Der Geist seines verstorbenen Geschäftsfreundes will Scrooge vor Qualen nach dem Tod bewahren und schickt ihm den Geist der vergangenen Weihnacht und dessen Brüder aus der Gegenwart und Zukunft. In einer Nacht erschüttern sie Scrooges bisherige Weltsicht und zeigen ihm, wie er sein Leben ändern kann.
Dämonen, Zeitreisen, unsichtbares Wandern durchs Geschehen – solche Fantasien werden im Film längst digital realisiert. Robert Zemeckis hat zuletzt mit
Die Legende von Beowulf (USA 2007) bewiesen, wie die Symbiose von Dreidimensionalität und
Computeranimation technisch funktioniert. Seither hat sich die Animationstechnik erneut verbessert. Dank Performance Capture (Bewegungen und Ausdruck der Schauspieler/innen werden digital erfasst und als Animation verarbeitet) und RealD-Projektion wird das winterliche London anno 1843 geradezu sinnlich erfahrbar. Ob Schneeflockengestöber, Rutschpartien oder Flüge über verschneite Landschaften und Städte –
Farben und Texturen wirken realistischer denn je, ebenso die Mimik und Bewegungen der animierten Figuren.
So wurde aus der "Weihnachtsgeschichte“ ein Actionfilm mit humanistischem Anspruch. Dabei hält sich Zemeckis weitgehend an Dickens Alltagsbetrachtungen, auch viele Dialoge wurden wörtlich übernommen. Effektreich visualisiert er die Ausflüge ins Reich der Dämonen und torpediert dabei Scrooge einmal fast ins All. Dies findet sich in der Literaturvorlage zwar nicht wieder, kann jedoch eine interessante Diskussionsgrundlage für eine Analyse der Darstellungsmittel sein. Interessant ist auch, dass Schauspieler Tim Carrey nicht nur Scrooge in all seinen Altersstufen, sondern auch die drei Weihnachtsgeister "spielt". Der Impuls zur Läuterung des Geizhalses entspringt also in ihm selbst und wird nicht von Geistern gesteuert. Diese moderne psychologische Interpretation kann im Ethik-/Religions-Unterricht behandelt werden, ebenso die Rolle der heidnischen Geister bei einem christlichen Fest. Auch Dickens Sozialkritik lohnt näherer Betrachtung etwa im Fach Sozialkunde. Wie waren die Lebensumstände im viktorianischen Zeitalter? Welche Analogien finden sich in der heutigen Gesellschaft?
Autor/in: Cristina Moles Kaupp, 28.10.2009
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