Für ihr Alter trägt Ann ganz schön viel Verantwortung: Die 23-Jährige ist Mutter zweier kleiner Töchter und sorgt als Reinigungskraft für den Lebensunterhalt der Familie, denn ihr Mann ist arbeitslos. Ihrer verbitterten, mit dem Leben unzufriedenen Mutter, auf deren Grundstück sie mit ihrer Familie in einem Wohnwagen lebt, ist sie die beste Freundin, der Vater sitzt seit zehn Jahren im Gefängnis. Trotz aller Widrigkeiten macht Ann einen zufriedenen Eindruck. Da diagnostiziert der Arzt Krebs im Endstadium bei ihr, sie hat nur noch wenige Monate zu leben. Pragmatisch und fürsorglich beschließt die junge Frau nach dem ersten Schock, ihre Krankheit für sich zu behalten und stattdessen für ihre Lieben das Leben nach ihrem Tod zu organisieren. Außerdem möchte sie sich ein paar Wünsche erfüllen, die sie sich bisher aus Pflichtgefühl der Familie gegenüber versagt hat. So sucht sie eine neue Frau und Mutter für Mann und Kinder, bespricht Kassetten mit Botschaften für die Hinterbliebenen, nimmt sich vor, immer ehrlich zu sagen, was sie denkt und beginnt eine Liebesgeschichte mit einem anderen Mann. – Der Film der spanischen Regisseurin Isabel Coixet über das schwere Schicksal einer sehr jungen Frau kommt ganz ohne Larmoyanz, Sentimentalität und Kitsch aus. Er bietet einen unkonventionellen und positiven Blick auf das Sterben als unumgänglichen Bestandteil des Lebens. Statt in Trauer und Depression über den bevorstehenden Verlust und verpasste Möglichkeiten zu verfallen, begreift Ann ihre Situation als Chance, das Leben endlich in vollen Zügen zu genießen und dabei trotzdem verantwortungsvoll mit den Angehörigen umzugehen. Die kanadische Schauspielerin Sarah Polley verkörpert die Figur mit Zärtlichkeit und Respekt. Wenn sich Ann am Ende abgeklärt und ruhig zum Sterben hinlegt, hat sie allen eine Lektion in Sachen Leben und Liebe mit auf den Weg gegeben.
Autor/in: Stefanie Zobl, 01.09.2003