Neuengland im Jahr 1965: Die 12-jährige Suzy Bishop lebt bei ihrer neurotischen Familie in einem fiktiven Küstenstädtchen. Mit dem gleichaltrigen Waisenjungen Sam, der am anderen Ende der Insel mit einer Pfadfindertruppe lagert, schreibt Suzy regelmäßig Briefe. Von ihm fühlt sie sich verstanden. Bald fassen die beiden Außenseiter den Plan, gemeinsam auszubüchsen, und fliehen Seite an Seite in die Wildnis. Suzys Eltern, der örtliche Polizeichef, die Pfadfinder-Kameraden und das Jugendamt nehmen die Verfolgung der Kinder auf, die sich während ihrer Flucht ineinander verlieben.
Das Drehbuch für
Moonrise Kingdom, der die Internationalen Filmfestspiele von Cannes 2012 eröffnete, hat der Autorenfilmer Wes Anderson nach
Darjeeling Limited (USA 2007) erneut mit Roman Coppola geschrieben. Ganz unverkennbar ist dabei ein "echter Anderson" herausgekommen: Der Film lebt von den skurrilen Details, Requisiten und Figuren, von der charmanten Erzählweise, einem hervorragenden
Soundtrack und Zitaten aus der Popkultur, aber auch dem eigenen Werk des Regisseurs. Inszenatorisch fallen an der Komödie vor allem die sorgfältig arrangierten Bild- und
Farbkompositionen ins Auge, die jederzeit darauf hinweisen, dass
Moonrise Kingdom eine filmische Fiktion ist – für einen wie auch immer gearteten Realismus zeigt Wes Anderson wie üblich kein Interesse.
Wegen seiner stilbewussten und höchst artifiziellen Machart liefert
Moonrise Kingdom eine glänzende Vorlage, um filmsprachliche Fragestellungen zu erörtern. Hier spielt insbesondere die Kameraarbeit eine herausragende Rolle: Die wiederholten
Kamerafahrten von links nach rechts, von oben nach unten und umgekehrt sowie die für den Regisseur typischen Zooms und symmetrischen Tableaus geben Anlass, die Bedeutung der Bildkomposition für die Atmosphäre und Wirkung eines Kinofilms zu besprechen. Thematisch kann die Opposition zwischen Kindern und Erwachsenen, die Anderson im Verlauf der Handlung aufmacht, für Gesprächsstoff sorgen: Was unterscheidet die Welt der Erwachsenen vom Erleben der Kinder? Inwieweit sind die Motive beider Seiten nachvollziehbar?
Autor/in: Christian Horn, 22.05.2012
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