Arbeitsblatt
Aufgabe 1: Heranführung an den Film
Fächer: Deutsch, Ethik, Sozialkunde, Musik ab Klasse 9
Vor dem Filmbesuch:
In Stephan Richters Spielfilm
Einer von uns sind zwei Orte von zentraler Bedeutung: der Supermarkt und der leere Parkplatz davor. Seht euch die folgenden beiden
Szenen ohne Ton an.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
a) Beschreibt die Orte und ihre jeweilige Atmosphäre.
b) Der Charakter eines
Ortes fungiert oft als erzählerisches Mittel, um etwas über die Figuren zu erzählen. Ihre Emotionen werden dabei durch die Umgebung widergespiegelt. Wie könnten sich die Figuren in den jeweiligen Szenen fühlen? Nennt entsprechende Attribute und haltet diese an der Tafel fest.
c) Seht euch die Szenen nun mit Ton an. Haben sich eure Vermutungen bestätigt?
d) Die Szenen beschreiben eine Stimmung oder ein Lebensgefühl. Aber Filme erzählen in der Regel auch einen Konflikt, der sich dramatisch zuspitzt. Seht euch den folgenden Ausschnitt (Anfangssequenz) an und stellt Vermutungen an, worauf die Handlung in
Einer von uns hinausläuft.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
Nach dem Filmbesuch:
e) Tauscht euch über erste Eindrücke aus. Was hat euch besonders überrascht oder berührt? Haben sich eure Vermutungen aus Aufgabe d) bestätigt?
f) Welchem
Genre ordnet ihr den Film zu?
g) Manche Filmkritiker/-innen bezeichnen
Einer von uns als "Jugendfilm". Inwieweit findet ihr diese Bezeichnung treffend? Begründet eure Meinung.
h) Seht euch noch einmal die folgende
Szene an und achtet auf den Polizisten, den ihr bereits aus einer der Szenen in Aufgabe a) kennt. Nennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich mit den Jugendlichen. Berücksichtigt dabei auch Kleidung und Freizeitverhalten.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
i) Vergleicht das Lebensgefühl der jugendlichen Protagonisten/-innen und das des Polizisten, der exemplarisch für die Erwachsenen steht. Was erfahren wir dadurch über den Ort, an dem
Einer von uns spielt?
Aufgabe 2: Vom realen Fall zur Fiktionalisierung
Fächer: Deutsch, Ethik, Sozialkunde ab Klasse 9
Der Film
Einer von uns basiert auf einem realen Vorfall, der sich 2009 in Österreich zutrug.
Nach dem Filmbesuch:
a) Tragt zusammen, was über den Vorfall bekannt ist. Nutzt folgenden Artikel der Zeitung
Der Standard als Ausgangspunkt eurer Recherche, die ihr um weitere Quellen ergänzt. Nutzt dazu weitere österreichische Zeitungen wie Die Presse, Profil oder die Kronen-Zeitung. Denkt daran, die verwendeten Quellen anzugeben.
b) Neben Nachrichtentexten wurden Kolumnen und Reportagen veröffentlicht, die die Geschehnisse bewerten. Analysiert, welche zwei unterschiedlichen Standpunkte die österreichischen Journalistinnen und Journalisten vertreten. Diskutiert, inwieweit euch die geäußerten Positionen überzeugen, nehmt Bezug auf die einzelnen Argumente der Autorinnen und Autoren.
c) Regisseur Stephan Richter hat einen Spielfilm gedreht und somit reale Ereignisse fiktionalisiert. Diskutiert im Plenum, warum er sich dazu entschied – und somit gegen einen Dokumentarfilm, der die tragischen Umstände des Jahres 2009 näher beleuchtet hätte. Vergleicht eure Vermutungen anschließend mit den Aussagen des Regisseurs in folgendem
Interview.
d) Stephan Richters Filmprojekt stieß im Vorfeld auch auf Kritik. Insbesondere die österreichische Polizei lehnte die Verfilmung ab. Lest euch folgenden
Artikel der Niederösterreichischen Zeitung aus dem Jahr 2013 durch und arbeitet stichpunktartig die Argumente der Polizei heraus.
Optional:
e1) Versetzt euch in die Rolle des Filmproduzenten, der das Projekt verteidigt und antwortet der Polizei. Legt dar, warum ihr den Film für wichtig haltet. Geht dabei auf die Argumente der Polizei ein. Denkt daran, Standarddeutsch zu verwenden.
oder
e2) Am Beispiel von
Einer von uns wird deutlich, dass Filme nach wahren Begebenheiten ein anderes Medienecho erfahren als rein fiktionale. Oftmals werden die realen Geschehnisse noch einmal beleuchtet. Recherchiert, wie
Einer von uns in Österreich aufgenommen wurde. Hat sich dadurch der öffentliche Diskurs verändert? Nutzt zum Vergleich eure Ergebnisse aus Aufgabe b). Gibt es andere Filme, die beispielsweise ein reales Ereignis oder die Biografie einer Person als Vorbild nehmen und zu einer Neubewertung der Ereignisse führen? Verfasst einen Leserbrief an die Niederösterreichischen Nachrichten, in dem ihr die von euch gefunden Filmbeispiele vorstellt und darlegt, was Filme nach einer wirklichen Begebenheit im öffentlichen Diskurs bewirken können.
Aufgabe 3: Filmische Inszenierung von Konsumwelt und jugendlicher Lebenswelt
Fächer: Deutsch, Ethik, Sozialkunde, Musik ab Klasse 9
In
Einer von uns kommt es wiederholt zu Konflikten zwischen Erwachsenen und Jugendlichen. Von einem berühmten Philosophen stammt das folgende Zitat: "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten."
Vor dem Filmbesuch:
a) Vermutet, aus welcher Zeit das Zitat stammen könnte.
b) Der griechische Philosoph Sokrates (ca. 469 v. Chr.-399 v. Chr.) äußerte den Satz bereits in der griechischen Antike. Insofern handelt es sich bei der Vorliebe für den "Luxus" keinesfalls um eine neues Phänomen. In
Einer von uns spielt ein Supermarkt eine zentrale Rolle. Beschreibt, wie die Konsumwelt in der folgenden Szene dargestellt wird. Welche Wirkung wird durch die
Kamerafahrt zwischen den Regalen erzeugt? Was bewirkt die
Vogelperspektive, die die Arbeit der Angestellten einfängt? Geht dabei auch darauf ein, wie die Zuschauenden die Gesichter der Angestellten wahrnehmen.
Einer von uns, Szene (© Little Dream)
Nach dem Filmbesuch:
c) Analysiert, wie in der folgenden Szene die Musik eingesetzt wird, um Julians Innenperspektive darzustellen. Wie fühlt sich Julian in dem Supermarkt?
d) Seht euch den folgenden Clip an, der den Treffpunkt der Jugendlichen auf einem Platz vor dem Supermarkt zeigt. Beschreibt, wie dieser Ort aussieht. Achtet auf die Bildkomposition, die
Kameraeinstellungen und
-perspektiven. Geht dabei auch auf die
Farbgestaltung ein. Haltet den Clip bei 1:35 Minuten an.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
e) Nachdem sich Julian das erste Mal "bekifft" fühlt, tritt er hinter den Containern hervor. Um ihn herum öffnet sich der Raum, er scheint sehnsüchtig in die Ferne zu blicken. Seht euch die nächsten 20 Sekunden an und haltet bei 1:55 an. Was könnte Julian erblicken? Wohin könnte er gehen?
f) Seht euch nun den Rest Clips an. Interpretiert den folgenden
Gegenschuss und diskutiert den Symbolgehalt des anschließenden Gangs in den Supermarkt.
g) Vergleicht eure Ergebnisse mit der Intention des Regisseurs Stephan Richter.
Szenenanalyse mit Stephan Richter Teil 1 (© kinofenster.de)
Szenenanalyse mit Stephan Richter Teil 2 (© kinofenster.de)
Optional:
g) Das Besuchsrecht seines Sohnes hängt für Victor daran, dass er eine geregelte Arbeit nachweisen kann. Seht euch die folgende Szene an und verfasst anschließend unter Berücksichtigung eurer Ergebnisse aus den Aufgaben b-f und auf Basis des Kinofenster-Artikels “ (
Jugendkulturen im Wandel: Vom Besetzer zum Besitzer) eine Antwort auf Sokrates’ Satz. Alternativ könnt ihr euer Statement auch filmen, und als Material für euren YouTube-Kanal verwenden. Beachtet dabei, dass ihr einen angemessenen Stil verwendet.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
Aufgabe 4: Die Dramaturgie von Einer von uns
Fächer: Deutsch ab Klasse 9
Nach dem Filmbesuch:
Als Spoiler (von engl. to spoil = verderben) bezeichnet man die Wiedergabe von Handlungselementen des Plots, die für den Fortgang oder die Auflösung der jeweiligen Geschichte eine entscheidende Rolle spielen. In
Einer von uns wird das Ende bereits vorweggenommen.
a) Gleich zu Beginn des Films ist der tote Julian auf dem Boden des Supermarkts zu sehen. Diskutiert, inwieweit es sich dabei um einen Spoiler handelt.
b) Wenn eine Geschichte die Chronologie der Ereignisse aufbricht, spricht man in der Literatur von Anachronie. Bildet der eigentliche Schluss der Handlung den Anfang, spricht man von einer Prolepse. Die filmische Entsprechung lautet Vorausblende. An welchen Stellen im Film kommt welches Mittel zum Einsatz? Überlegt, warum Stephan Richter dieses dramaturgische Mittel wählte.
c) Neben dem Aufbrechen der Chronologie ist der hohe Symbolgehalt im Film auffällig. Seht euch die folgende Szene an und recherchiert die Hintergründe von "Paragraph 83" und "ACAB". Was bedeuten diese im Kontext des Films?
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
d) Der Symbolgehalt lässt sich nicht auf Schriftzüge reduzieren, sondern betrifft ebenso filmische Mittel. Seht euch das Anfangsbild der Szene als Standbild noch einmal an und interpretiert das Verhältnis von Mensch und Mauer. Setzt dies in Beziehung zu der geäußerten Erkenntnis: "Wir sind schon zu lange in dem Kaff."
Aufgabe 5: Analyse der Figurensprache in Einer von uns
Fächer: Deutsch ab Klasse 9
Auf sprachlicher Ebene lebt
Einer von uns von dem niederösterreichischen Dialekt der Figuren. Ebenso auffällig ist der Gebrauch der Jugendsprache durch die Protagonisten/-innen.
Nach dem Filmbesuch:
a) Untersucht in der folgenden Szene, in der sich Victor vergeblich um einen Job im Supermarkt bewirbt, die Gesprächsführung und erklärt deren Veränderung.
Einer von uns, Szene (© Little Dream Entertainment)
b) Sprachwissenschaftler/-innen unterscheiden verschiedene Erscheinungsformen einer Sprache, die sogenannten Sprachvarietäten, die sich vom Standarddeutschen unterscheiden. Die jugendlichen Protagonisten/-innen verwenden ebenfalls bestimmte Begriffe, die sie von den Erwachsenen abgrenzen. An welche Begriffe könnt ihr euch erinnern?
c) Schaut euch die folgende Szene an, in der Victor, Marko und Julian nachts im Auto fahren. Notiert, welche Begriffe der Jugendsprache zugeordnet werden können. Haltet diese stichpunktartig fest.
Tipp: Ihr könnt euch die Szene mehrfach ansehen.
Einer von uns, Szene (© Little Dream)
d) Was verstehen Sprachwissenschaftler/-innen genau unter Jugendsprache? Erarbeitet die Kriterien anhand des Hintergrundartikels von Benjamin Könning auf kinofenster.de. Notiert anschließend eine Definition, die aus wenigen Sätzen besteht und Beispiele enthält.
e) Inwieweit haltet ihr die Darstellung jugendlicher Lebenswelten im Film für "authentisch"? Wählt eigene Kriterien, die Authentizität ausmachen.
f) Verfasst einen Kommentar für die Schülerzeitung, in der ihr die Funktion von Jugendsprache darlegt und unter Berücksichtigung des Sprachwandels auf den Vorwurf des Sprachverfalls antwortet.
Autor/in: Ronald Ehlert-Klein, Theater- und Filmwissenschaftler, Pädagoge und kinofenster.de-Redakteur, 08.11.2016
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