Von Ankara aus scheint das Fluchtziel Europäische Union zum Greifen nah: Nach einer riskanten Wanderung durch das Grenzgebirge zwischen Iran und Türkei hoffen drei verschiedene Flüchtlingsgruppen, in der türkischen Hauptstadt nun ein selbstbestimmtes Leben zu beginnen. Doch schnell trübt das langwierige Asylverfahren die Euphorie der acht Iraner und des Kurden Manu. Die Schlange Asylsuchender vor dem UNHCR – dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen – in Ankara ist unendlich lang, die Entscheidungen über ihre Anträge wirken willkürlich und der iranische Geheimdienst ist ihnen auf der Spur.
Anhand dieser durch Begegnungen oder Parallelmontage verwobenen Geschichten zeigt der Regisseur Arash T. Riahi in seinem Spielfilmdebüt das Wechselbad aus Hoffnung, Verzweiflung und Angst, dem Asylsuchende zum Teil mehrere Jahre ausgesetzt sind. Entsprechend kontrastiert er freundlich-helle Bilder vom multikulturellen Treiben in Ankaras Straßen mit düsteren Aufnahmen aus den heruntergekommenen Unterkünften der Flüchtlinge. Komischen Sequenzen, in denen der Optimist Manu einen Schwan zum Abendessen erlegt oder geschönte Nachrichten nach Hause schickt, wechseln sich ab mit brutalen Gewaltszenen. Manchmal endet solch eine tragische Szene in einer Weißblende, manchmal hält Riahi den Fortgang der Ereignisse kurz auf, in dem er in
Großaufnahme auf den nachdenklichen Gesichtern der Darsteller/innen innehält.
So gelingt dem österreichisch-iranischen Regisseur nicht nur eine facettenreiche Verdichtung realer, zum geringen Teil autobiografischer Erlebnisse zu einer Parabel auf universelle Fluchterfahrungen. Durch poetischen Realismus, der sich etwa im symbolischen Gebrauch der hoffnungsvollen Farbe Weiß äußert, vermittelt Riahi zudem einen emotionalen Eindruck extremer Lebensbedingungen. Informationen über das repressive Regime in Iran, die Kurdenproblematik und internationale Flüchtlingspolitik liefert
Ein Augenblick Freiheit indes nur schlaglichtartig, sie sollten im Unterricht ergänzend recherchiert werden. Doch vermag der Film durch glaubwürdige Figuren und Emotionalisierung, Interesse für eine vertiefende Auseinandersetzung zu wecken. Als Plädoyer für einen humanen Umgang mit Flüchtlingen bietet er darüber hinaus die Möglichkeit, das Thema
Menschenrechte auf vielschichtige Weise zu behandeln.
Autor/in: Marguerite Seidel, 20.01.2009
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