Die Freunde Philip, Jozef und Lars brechen gen Süden auf, um endlich eine wichtige Erfahrung nachzuholen: das erste Mal. Als Körperbehinderten war ihnen ein normales Sexualleben bisher verwehrt. In einem Bordell in Spanien, das speziell für ihre besonderen Bedürfnisse eingerichtet ist, soll ihr Wunsch endlich in Erfüllung gehen. Den besorgten Eltern gegenüber wird der Gruppentrip als "Weinprobe" deklariert. In einem angemieteten Kleinbus, gesteuert von der resoluten Fahrerin Claude, die zugleich die Pflege der etwas anderen "Sextouristen" übernimmt, treten sie die Reise an. Auf dem Weg gilt es jedoch vor allem psychische Barrieren zu überwinden: Insbesondere beim todkranken Lars mischen sich in die Vorfreude auch Bedenken, dem großen Abenteuer nicht gewachsen zu sein.
Als klassisches Road Movie mit ungewöhnlicher Besetzung nimmt die belgische Komödie rasch an Fahrt auf, um sich dann für ihr sensibles Thema viel Zeit zu lassen. Der schwierige Alltag Körperbehinderter kommt ebenso zur Sprache wie ihre sexuellen Bedürfnisse. Diese unterscheiden sich individuell, was in markanten Dialogen mit viel Komik, aber auch erstaunlich behutsam aufgegriffen wird. Die zunächst angefeindete Fahrerin Claude dient dabei als wichtiger Katalysator. Im Widerspruch zur einfachen und realitätsnahen Inszenierung der inneren und äußeren Reise steht die Erfüllung aller Träume am Ankunftsort: Mithilfe filmsprachlicher Mittel wie
Zeitlupe und Weichzeichner wird das heikle Thema Prostitution als unwirkliches Mysterium inszeniert, und das "erste Mal" für die Protagonisten damit zum nahezu spirituellen Erlebnis.
Hasta la Vista bietet einen heiteren und vor allem allgemein verständlichen Zugang zu einem Thema, das auch Nicht-Behinderte vor große Hürden stellt: Als körperliches und seelisches Grundbedürfnis, so die Botschaft, ist Sexualität für alle Menschen gleich bedeutsam und die diesbezüglichen Einschränkungen Körperbehinderter haben allein gesellschaftliche Ursachen. Im Hinblick darauf kann im Unterricht zum Beispiel das Verhalten der pflegenden Eltern thematisiert werden, die zwischen dem Respekt vor intimen Grenzen und schützender Bevormundung keinen Weg finden. Einen interessanten Vergleich bietet die sehenswerte BBC-Dokumentation
For One Night Only (2007), die dem Spielfilm zugrunde liegt: Mit seinem Plädoyer für ein Recht Behinderter auf Sex hat der britische Aktivist Asta Philpot hitzige Debatten entfacht, die mit Schülern/innen aufgegriffen und diskutiert werden können.
Autor/in: Philipp Bühler, 11.07.2012
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